Steuerrechtsurteile

Eltern können auch für volljährige Kinder mit "Ein-Euro-Job" einen Anspruch auf Kindergeld haben



Eltern können für ein volljähriges Kind, das noch keine Berufsausbildung absolviert hat, auch dann einen Anspruch auf Kindergeld haben, wenn es einen so genannten "Ein-Euro-Job" ausübt. Den Vorschriften des SGB II lässt sich nicht entnehmen, dass die Wahrnehmung eines "Ein-Euro-Jobs" das Warten auf einen Ausbildungsplatz im Sinn des Kindergeldrechts zwingend ausschließt. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Kind seine Ausbildungsabsichten noch nicht endgültig aufgegeben hat.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Spätaussiedlerin, ist im Jahr 2003 mit ihrem damals 20 Jahre alten Sohn nach Deutschland eingereist. Der Sohn besuchte zunächst Deutsch-Kurse und nahm an Integrationsmaßnahmen teil. Nachdem die Klägerin einige Bewerbungen ihres Sohnes um eine Ausbildungsstelle als Tischler vorgelegt hatte, wurde ihr Kindergeld gewährt. Ab dem 1.3.2006 wies die Bundesagentur für Arbeit dem Sohn der Klägerin für die Dauer von drei Monaten einen "Ein-Euro-Job" in einer Schreinerei zu.

Im August 2006 forderte die Familienkasse die Klägerin auf, weitere Nachweise für die Bemühungen ihres Sohnes um eine Ausbildungsstelle vorzulegen. Der Sohn der Klägerin gab daraufhin bei der Familienkasse eine mündliche Erklärung ab, die die zuständige Sachbearbeiterin folgendermaßen protokollierte: „Ab März 2006 habe ich keine Bewerbungen mehr geschrieben, sondern für drei Monate einen "Ein-Euro-Job" abgeleistet...Ich habe mich im März 2006 entschlossen, keine Ausbildungsstelle mehr zu suchen.“

Daraufhin hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab März 2006 auf und forderte das von März bis Juli 2006 gezahlte Kindergeld in Höhe von 770 Euro zurück. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass ihr Sohn mit seiner Erklärung nur habe ausdrücken wollen, zunächst bessere Sprachkenntnisse und sonstigen Fertigkeiten erwerben zu wollen, um seine Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die Klage hatte vor dem FG Erfolg. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.


Die Gründe:
Die Familienkasse hat die Kindergeldfestsetzung zu Unrecht wegen des "Ein-Euro-Jobs" des Sohns der Klägerin aufgehoben.


Kindergeld wird unter anderem für volljährige Kinder gewährt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können (§ 32 Abs.4 Nr.2c EStG). Diese Voraussetzungen können entgegen der Auffassung der Familienkasse auch erfüllt sein, wenn das Kind einen "Ein-Euro-Job" ausübt. Den entsprechenden Vorschriften des SGB II lässt sich nicht entnehmen, dass die Wahrnehmung eines "Ein-Euro-Jobs" das Wartens auf einen Ausbildungsplatz im Sinn von § 32 Abs.4 Nr.2c EStG ausschließt.


Im Streitfall steht auch nicht fest, dass der Sohn der Klägerin aufgrund des "Ein-Euro-Jobs" seine Suche nach einem Ausbildungsplatz aufgegeben hätte. Da er sich in der Vergangenheit bereits mehrfach um eine Berufsausbildung als Tischler bemüht hatte und ihm ein "Ein-Euro-Job" in einer Schreinerei zugewiesen worden ist, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Maßnahme nicht (auch) auf den Erwerb eines Ausbildungsplatzes gerichtet war.


Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Erklärungen des Sohns gegenüber der Familienkasse. Angesichts seiner unzureichenden Deutschkenntnisse ist es fraglich, ob die Ausführungen im Protokoll tatsächlich den objektiven Erklärungsgehalt seiner Äußerungen wiedergeben und seinem subjektiven Erklärungswillen entsprechen.




Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 13.12.2007; Quelle: FG Rheinland-Pfalz PM vom 13.12.2007


(Meldung vom 2007-12-13)