Steuerrechtsurteile

Ausübung eines dinglichen Vorkaufsrechts durch Erwerb von Todes wegen unterliegt der Grunderwerbsteuer



Hat der Erblasser in seinem Vermächtnis angeordnet, einem Miterben ein dingliches Vorkaufsrecht an einem im Nachlass befindlichen Grundstück zu bestellen, das den anderen Miterben vermacht wurde, und hat der Vorkaufsberechtigte sein Recht ausgeübt, muss er gemäß § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 GrEStG Grunderwerbsteuern bezahlen. Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts durch Erwerb von Todes ist weder gemäß § 3 Nr.2 GrEStG noch gemäß § 3 Nr.3 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.

Der Sachverhalt:
Die 2003 verstorbene Erblasserin hatte ihre Tochter, die Klägerin sowie deren beide Geschwister durch letztwillige Verfügung zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Den beiden Geschwistern vermachte sie im Voraus ihr Haus zu je hälftigem Miteigentum. Der Klägerin hinterließ sie für den ersten Verkauf des Grundstücks durch die Geschwister ein dingliches Vorkaufsrecht.

Die Testamentsvollstreckung hatte die Erblasserin durch die Klägerin angeordnet. Nach Umschreibung des Grundstücks auf die Miterben zur gesamten Hand und Eintragung des Vorkaufsrechts der Klägerin übertrugen die Miterben das Grundstück auf die Geschwister der Klägerin. Bald darauf schlossen die beiden Geschwister mit Dritten einen Kaufvertrag über das Grundstück zum Preis von 255.000 Euro ab. Daraufhin übte die Klägerin im Jahr 2004 ihr Vorkaufsrecht aus.


Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin für den aufgrund des ausgeübten Vorkaufsrechts verwirklichten Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer in Höhe von 8.925 Euro fest. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.


Die Gründe:
Bei der Klägerin liegen die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr.2 oder Nr.3 GrEStG nicht vor.


Mit der Ausübung des dinglichen Vorkaufsrechts durch die Klägerin ist gemäß § 1098 Abs.1 BGB in Verbindung mit § 464 Abs.2 BGB bezüglich jedes Miteigentumsanteils ein Grundstückskauf zwischen ihr und einem der Geschwister zustande gekommen. Diese Kaufverträge unterliegen gemäß § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 GrEStG der Grunderwerbsteuer, ohne gemäß § 3 Nr.2 GrEStG davon befreit zu sein.


Das der Klägerin vermachte dingliche Vorkaufsrecht ist nicht mit einem Kaufrechtsvermächtnis im Sinn von § 3 Nr.2 GrEStG vergleichbar. Vielmehr hat sie durch Erwerb von Todes wegen lediglich einen Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts erhalten. Zwar stellt dieser noch keinen Erwerbsvorgang im Sinn des § 1 GrEStG dar. Andererseits stellt er aber auch keinen Erwerbsvorgang von Todes wegen im Sinn des § 3 Abs.1 Nr.1 ErbStG mehr dar, sondern einen Erwerb unter Lebenden, und ist als solcher nicht gemäß § 3 Nr.2 GrEStG steuerfrei.


Eine Steuerbefreiung des streitbefangenen Grundstückserwerbs gemäß § 3 Nr.2 GrEStG wäre auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigt. Der in dem Grundstück verkörperte Wert ist durch den Erbfall den beiden Geschwistern der Klägerin zugeflossen. Die Klägerin hat es wie ein Dritter zu einem unter Fremden ausgehandelten Kaufpreis kaufen müssen. Die einzige Besonderheit bestand darin, dass sie den Zeitpunkt des Kaufs nicht beeinflussen und über das Ob eines Verkaufs sowie den Inhalt des Kaufvertrags nicht mitbestimmen konnte.


Der Klägerin steht auch keine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr.3 GrEStG zu. Danach ist der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses grunderwerbsteuerfrei. Das Vorkaufsrecht der Klägerin diente nicht der Teilung des Nachlasses. Vielmehr enthielten bereits die Vorausvermächtnisse zugunsten der beiden Geschwister der Klägerin in der Wirkung Elemente einer Nachlassteilung. Damit war die Nachlassteilung unter den Miterben bezüglich des Grundstücks abgeschlossen.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.12.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-12-08)