Steuerrechtsurteile

Steuerprivileg für schwere Geländewagen ist rückwirkend zum 1.5.2005 entfallen



Schwere Geländewagen sind seit dem 1.5.2005 nicht mehr wie LKW nach Gewicht, sondern wie PKW nach Hubraum zu besteuern. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung des BFH allerdings nicht schon aus der Aufhebung von § 23 Abs.6a StVZO mit Wirkung zum 1.5.2005, sondern aus der Neuregelung in § 2 Abs.2a KraftStG vom 28.12.2006, die rückwirkend zum 1.5.2005 in Kraft getreten ist. Diese Rückwirkung ist verfassungsgemäß.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Halterin eines schweren Geländewagens, der ursprünglich wie ein LKW nach Gewicht mit zuletzt 172 Euro jährlich besteuert worden war. Mit geändertem Bescheid vom 21.3.2005 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass das Fahrzeug wie ein PKW nach Hubraum und Schadstoffausstoß zu besteuern sei, und setzte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 2.12.2004 auf jährlich 1.127 Euro herauf.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage, die als Musterverfahren für eine Vielzahl ähnlicher Fälle geführt wird, begehrte die Klägerin die Besteuerung nach Gewicht. Zur Begründung berief sie sich auf die EU-Richtlinie 70/156/EWG, wonach Geländewagen dieser Art nicht als PKW zu klassifizieren seien. Diese Fahrzeugklassenfestlegung sei zumindest bis zum 28.12.2006 für die deutsche Kraftfahrzeugbesteuerung maßgeblich, da eine Rückwirkung von § 2 Abs.2a KraftStG zum 1.5.2005 verfassungswidrig sei.

Das FG gab der Klage lediglich hinsichtlich der Steueranhebung für die Zeit vom 2.12.2004 bis zum 30.4.2005 statt und wies sie im Übrigen ab. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ließ es allerdings die Revision zu.


Die Gründe:
Die Kraftfahrzeugsteuer ist lediglich für den Zeitraum vom 2.12.2004 bis zum 30.4.2005 antragsgemäß herabzusetzen, da schwere Geländewagen bis zum 30.4.2005 noch wie LKW nach Gewicht zu besteuern sind. Das ergibt sich aus der EU-Richtlinie 70/156/EWG, die die verschiedenen Fahrzeugklassen festlegt und wonach Geländewagen der vorliegenden Art keine PKW darstellen. Diese Festlegung ist auch für das deutsche Recht verbindlich, da das deutsche KraftStG keine eigenständige Definition des Begriffs des PKW enthält, sondern auf die jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Bestimmungen verweist.


Die EU-Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG ist eine verkehrsrechtliche Vorschrift im Sinn von § 2 Abs.2 S.1 KraftStG, wonach sich der Begriff des PKW bestimmt. Aus § 23 Abs.6a StVZO ergibt sich nichts anderes. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift, wonach die streitigen Fahrzeuge als LKW galten, zwar mit Wirkung zum 1.5.2005 aufgehoben, um das Steuerprivileg für Geländewagen abzuschaffen. Die Vorschrift war aber entgegen der Auffassung des BFH schon vorher nicht anwendbar, weil sie mit Wirkung zum 1.7.2002 infolge des Fristablaufs für die Umsetzung der Richtlinie 70/156/EWG durch diese verdrängt worden ist.


Ab dem 1.5.2005 hat der Beklagte die Steuer dagegen zu Recht angehoben. Dass das Fahrzeug seit diesem Zeitpunkt als PKW anzusehen und zu besteuern ist, ergibt sich aus der Neuregelung in § 2 Abs.2a KraftStG vom 28.12.2006, die rückwirkend zum 1.5.2005 in Kraft getreten ist. Hiernach gelten als PKW auch Mehrzweckfahrzeuge entsprechend der Aufbauart AF, die nach der EU-Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG nicht als PKW gelten, soweit sie vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.


§ 2 Abs.2a KraftStG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die Regelung verletzt nicht das EU-Recht, da die Kraftfahrzeugsteuer derzeit in der EU nicht harmonisiert und Deutschland daher nicht zur Ausgestaltung der Kraftfahrzeugbesteuerung nach Maßgabe der EU-Betriebserlaubnisrichtlinie verpflichtet ist. Es liegt auch kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot vor, da der Gesetzgeber mit § 2 Abs.2a KraftStG rückwirkend zum 1.5.2005 lediglich eine rechtliche Unklarheit beseitigt hat, die durch die Aufhebung von § 23 Abs.6a StVZO zum 1.5.2005 entstanden war.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 27.11.2007; Quelle: FG Köln PM vom 26.11.2007


(Meldung vom 2007-11-27)