Steuerrechtsurteile

Auch Schulgeld für den Besuch eines englischen Internats kann als Sonderausgabe steuerlich abziehbar sein



Geleistetes Schulgeld für den Besuch eines englischen Internats kann unter den Voraussetzungen des § 10 Abs.1 Nr.9 EStG abziehbar sein. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht hat insbesondere zur Folge, dass gemeinschaftsrechtswidrige Vorschriften des nationalen Steuerrechts nicht anzuwenden sind, ohne dass es einer Vorlage an das BVerfG oder den EuGH bedarf (Anwendungsvorrang).

Der Sachverhalt:
Der 1981 geborene Sohn der Kläger besuchte im Streitjahr 1998 zunächst ein deutsches Gymnasiums und im Rahmen eines Schüleraustausches ab 01.09.1998 für ein Jahr die C-School in England. Die im Ausland verbrachte Zeit sollte auf die Verweildauer in der gymnasialen Oberstufe angerechnet werden. Der Sohn sollte nach seiner Rückkehr seine schulische Laufbahn in der Jahrgangsstufe 12 fortsetzen können.

Die Kläger beantragten, das Schulgeld in Höhe von 18.726 DM gemäß § 10 Abs.1 Nr.9 EStG als Sonderausgaben abzuziehen. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit der Begründung ab, dass die Beträge nicht für den Besuch einer gesetzlich anerkannten Schule gezahlt worden seien.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Die Revision ist begründet.


Abziehbar sind gemäß § 10 Abs.1 Nr.9 EStG 30 Prozent des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs.6 EStG oder auf Kindergeld hat, für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs.4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bildenden Ergänzungsschule entrichtet. Ausgenommen vom Schulgeldabzug ist das Entgelt für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.


Der EuGH hat in der Sache „Schwarz und Gootjes-Schwarz“ (Az.: C 76/05) entschieden, dass Art. 49 beziehungsweise Art. 18 des EG-Vertrags einer nationalen Regelung entgegenstünden, nach der - im Gegensatz zum Inland - Schulgeldzahlungen an Schulen in anderen Mitgliedstaaten nicht abgezogen werden könnten. Insofern ist der § 10 Abs.1 Nr.9 EStG europarechtskonform auszulegen. Im Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum nationalen Recht besteht ein Vorrang des Gemeinschaftsrechts. Dieser Vorrang bewirkt, dass gemeinschaftsrechtswidrige Vorschriften des nationalen Steuerrechts nicht anzuwenden sind, ohne dass es einer Vorlage an das BVerfG oder den EuGH bedarf.


Außerdem hat das FG nicht näher geprüft, ob und in welchem Umfang in den Zahlungen Kosten für Verpflegung und Unterbringung enthalten sind. Weiter setzt der Abzug von Schulgeldzahlungen nach Art. 7 Abs.4 S.3 GG voraus, dass durch die Höhe der gezahlten Beträge keine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert wird. Möglicherweise kommt den Klägern insoweit § 52 Abs.24b EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (Regierungsentwurf) zugute.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.10.2008, Quelle: BFH PM Nr.94 vom 08.10.2008


(Meldung vom 2008-10-08)