Steuerrechtsurteile

Bei eigennützigem Erwerbsstreben sind Leistungen von Vereinsvorständen umsatzsteuerpflichtig



Geschäftsführungsleistungen und Vertretungsleistungen, die ein Mitglied eines Vereinsvorstands gegenüber dem Verein gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erbringt, sind steuerbar. Im Fall eines eigennützigen Erwerbsstrebens liegt keine ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr.26b UStG, sondern eine umsatzsteuerpflichtige Leistung vor.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 1999 Präsident des Vorstands eines in der Rechtsform eines Vereins geführten Industrieverbands. Er arbeitete für den Verein mindestens 40 Stunden in der Woche. Dabei leitete der Kläger Beirats- und Aufsichtsratssitzungen sowie Verbandsveranstaltungen. Er referierte auf Empfängen, Mitgliederversammlungen, Branchentreffen und Diskussionsveranstaltungen. Weiter vereinbarte er selbständig Termine mit Repräsentanten der Wirtschaft, Vertretern kooperierender Verbände und Politikern. Seine Tätigkeiten waren zwar weitgehend weisungsfrei, doch er war nicht einzelvertretungsbefugt.

Nach der Vereinssatzung waren die Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig. Dem Kläger stand im Streitjahr eine Aufwandsentschädigung von monatlich 9.000 DM für das erste Halbjahr und monatlich 15.000 DM für das zweite Halbjahr zu. Das Geld erhielt er auch während seines Urlaubs. Außerdem wurden ihm Reisekosten erstattet. Die Zahlungen des Vereins an den Kläger betrugen im Streitjahr insgesamt 183.556,48 DM. Die Tätigkeit des Klägers wurde nicht als lohnsteuer- oder sozialabgabenpflichtig behandelt.


Der Kläger erfasste die Einnahmen aus seiner Tätigkeit für den Verein nicht in seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger auch im Rahmen seiner Tätigkeit für den Verein umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ einen Umsatzsteuernachforderungsbescheid.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Die Leistungen des Klägers gegenüber dem Verein sind umsatzsteuerpflichtig.


Entgeltliche Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen sind sind nach nunmehr ständiger Rechtsprechung auch dann gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 S.1 UStG steuerbar, wenn es sich bei dem Leistenden um ein Organ des Leistungsempfängers handelt.


Im Streitfall erbrachte der Kläger Leistungen gegenüber dem Verein, die durch die Aufwandsentschädigung und die Reisekostenpauschale vergütet wurden. Das Rechtsverhältnis, das den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt herstellt, beruht daher ebenso wie bei einem GmbH-Geschäftsführer auf dem neben der Organbestellung abgeschlossenen Vertragsverhältnis. Dabei kann es sich auch um mündliche Abreden handeln, da ein steuerbarer Leistungsaustausch nicht das Vorliegen schriftlicher Vereinbarungen voraussetzt.


Der Kläger war als Unternehmer auch selbständig tätig. Die Selbständigkeit der durch den Kläger gegenüber dem Verein ausgeübten Tätigkeit ergibt sich bereits daraus, dass er seine Tätigkeit als Mitglied und Präsident des Vereinsvorstands weitgehend weisungsfrei ausübte. Ob und in welchem Umfang der Kläger darüber hinaus ein Unternehmerrisiko zu tragen hatte, spielt dagegen keine Rolle.


Die Leistungen des Klägers waren nicht gemäß § 4 Nr.26b UStG als ehrenamtliche Tätigkeit einzustufen. Seine Tätigkeit wird weder in einem Gesetz als ehrenamtlich bezeichnet noch entspricht es dem allgemeinen Sprachgebrauch, eine dem Umfang nach hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit als ehrenamtlich zu bezeichnen. Im Hinblick auf den Umfang der Tätigkeit und die Höhe der durch den Verein gezahlten Vergütung ist von einem eigennützigen Erwerbsstreben auszugehen, so dass die Tätigkeit des Klägers auch nicht dem materiellen Begriffsinhalt der Ehrenamtlichkeit entspricht.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.09.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-09-29)