Steuerrechtsurteile

Vorlage an den Gemeinsamen Senat: Ist die „Gegenvorstellung“ noch statthaft?



Der Fünfte Senat des BFH hat dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine „Gegenvorstellung“ gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft ist. Der Fünfte Senat hält die von der Rechtsprechung entwickelte „Gegenvorstellung“ nicht mehr für zulässig, weil sie die Anforderungen der Rechtsmittelklarheit nicht erfülle.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller war vor dem FG mit seiner Klage gegen einen Umsatzsteuerbescheid unterlegen. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Über zwei Jahre später legte der Antragsteller Nichtzulassungsbeschwerde ein und beantragte, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der Fünfte Senat des BFH verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig und lehnte in einem weiteren Beschluss den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller „Gegenvorstellung“ ein und beantragte erneut Prozesskostenhilfe.


Der Fünfte Senat setzte das Verfahren aus und legte dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Frage vor, ob eine „Gegenvorstellung“ gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft ist.


Die Gründe:
Der V. Senat des BFH vertritt die Auffassung, dass eine „Gegenvorstellung“ nicht mehr zulässig ist. Dies ergebe sich insbesondere aus einer Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 30.4.2003 (Az.: 1 PBvU 1/02), wonach Rechtsbehelfe in der geschriebenen Verfassung geregelt werden und in ihren Voraussetzungen für den Bürger erkennbar sein müssten. Daraufhin habe der Gesetzgeber zum 1.1.2005 in allen Prozessordnungen die so genannte "Anhörungsrüge" eingeführt (zum Beispiel in § 133a FGO), mit der ein Beteiligter unter bestimmten Voraussetzungen rügen könne, das Gericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.


Die „Gegenvorstellung“ erfüllt nach Auffassung des Fünften Senats diese vom BVerfG aufgestellten Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht.


Was ist eine „Gegenvorstellung“?
Eine "Gegenvorstellung" ist eine Eingabe, durch die ein Gericht veranlasst werden soll, eine von ihm erlassene Entscheidung zu ändern. Die Finanzgerichtsordnung (FGO) und die übrigen Prozessordnungen sehen diesen Rechtsbehelf allerdings nicht vor. Er ist vielmehr von der Rechtsprechung entwickelt worden, um greifbar gesetzwidrige oder unter Verletzung von Verfahrensgrundrechten ergangene Gerichtsentscheidungen angreifen zu können.


Wann entscheidet der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe?
Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweichen will.


Linkhinweis:





Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.11.2006, Quelle: BFH PM Nr.100 vom 21.11.2007


(Meldung vom 2007-11-21)