Steuerrechtsurteile

Verfall von Anrechnungsüberhängen bei der Gewerbesteueranrechnung ist verfassungsgemäß



Der Steuerermäßigungsbetrag gemäß § 35 EStG kann nicht beansprucht werden, wenn der Steuerpflichtige zwar mit Gewerbesteuer belastet ist, aber aufgrund eines Verlustabzugs keine Einkommensteuer schuldet (so genannter Anrechnungsüberhang). Der Gesetzgeber durfte den Abzug des Steuerermäßigungsbetrags von einer Doppelbelastung mit Einkommen- und Gewerbesteuer abhängig machen. Hierin liegt kein Verstoß gegen Art.3 Abs1. GG oder Art. 14 GG.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2001 unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Erbengemeinschaft. Da sich aufgrund eines Verlustabzugs nach § 10d EStG ein negatives zu versteuerndes Einkommen ergeben hatte, setzte das Finanzamt die Einkommensteuer mit null Euro fest. Einen Steuerermäßigungsbetrag gemäß § 35 Abs.1 Nr.1 EStG in Höhe des 1,8-fachen anteiligen Gewerbesteuermessbetrags aus der Erbengemeinschaft konnte die Klägerin daher von der tariflichen Einkommensteuer nicht abziehen.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, eine negative Einkommensteuer in Höhe des 1,8-fachen Gewerbesteuermessbetrags festzusetzen, und hilfsweise, festzustellen, dass in Höhe dieses Betrags ein Vor- oder Rücktrag beansprucht werden kann. Die Klage hatte sowohl vor dem FG als auch vor dem BFH keinen Erfolg.


Die Gründe:
Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Die Klägerin kann weder die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer mit der Folge der Steuererstattung noch einen Vor- oder Rücktrag des Steuerermäßigungsbetrags beanspruchen.


Nach § 35 EStG wird die steuerliche Doppelbelastung gewerblicher Gewinne von Personengesellschaften dadurch kompensiert, dass das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags auf die Einkommensteuer angerechnet wird, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt. Ist – wie im Streitfall – zwar Gewerbesteuer, aber keine Einkommensteuer zu zahlen, wird das Entlastungspotenzial aus der Anrechung der Gewerbesteuer nicht ausgenutzt (Anrechnungsüberhang).


Ein solcher Anrechnungsüberhang verfällt ersatzlos. Dieses Ergebnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierin liegt insbesondere keine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs.1 GG. Es liegt zwar eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Gewerbetreibenden vor, deren Einkommensteuerbelastung mittels eines Abzugs des Steuerermäßigungsbetrags aus § 35 EStG entfällt. Der Gesetzgeber durfte den Abzug des Steuerermäßigungsbetrags aber davon abhängig machen, dass eine Doppelbelastung des Steuerpflichtigen mit Einkommen- und Gewerbsteuer vorliegt.


Die Klägerin wird durch den Verfall des gewerbesteuerlichen Ermäßigungspotentials auch nicht in ihrem Freiheitsgrundrecht aus Art. 14 Abs.1 GG verletzt. Trotz der Zweifel des BVerfG an der Verfassungsmäßigkeit der Doppelbelastung von Gewerbetreibenden mit Einkommen- und Gewerbesteuer (Beschluss vom 18.01.2006, Az.: 2 BvR 2194/99) hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach die gewerbesteuerliche Belastung und gegebenenfalls die unzureichende Entlastung gemäß § 35 EStG im Ergebnis keine Verletzung des Grundrechts aus Art. 14 Abs.1 GG begründen.


Linkhinweise:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht. Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

  • Den auf den Webseiten des BVerfG veröffentlichten Beschluss des BVerfG vom 18.01.2006 (Az.: 2 BvR 2194/99) finden Sie hier.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.08.2008, Quelle: BFH PM Nr.74 vom 06.08.2008


(Meldung vom 2008-08-07)