Steuerrechtsurteile

Zur erbschaftsteuerlichen Erfassung von privaten Steuererstattungsansprüchen



Private Steuererstattungsansprüche des Erblassers unterfallen mit dem beim Eintritt des Erbfalls materiell-rechtlich zutreffenden Wert der Erbschaftsteuer, ohne dass es auf deren Durchsetzbarkeit zu diesem Zeitpunkt ankommt. Werden die Ansprüche erst später fällig, entsteht die Erbschaftsteuer insoweit erst mit Eintritt der Fälligkeit.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns. Der war bis zu seinem Tod als Gesellschafter-Geschäftsführer zu 50 Prozent an einer GmbH beteiligt und hatte von dieser eine Versorgungszusage erhalten. Der Klägerin stand demnach eine lebenslängliche Witwenrente in Höhe von 60 Prozent der dem Ehemann bestätigten Altersrente von monatlich 7 650 DM zu.

Das Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin, die stets mit ihrem Mann gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurde, Erbschaftsteuer in Höhe von 60.885 DM fest. Hierbei rechnete es die sich aus den ergangenen Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre ergebenden Steuererstattungsansprüche dem Erwerb von Todes wegen hinzu und berücksichtigte die Nachzahlungsbeträge als Nachlassverbindlichkeiten. Wegen der Hinterbliebenenbezüge erließ das Finanzamt gemäß § 23 ErbStG einen Ergänzungsbescheid.


Die Klägerin war der Ansicht, die Steuererstattungsansprüche gehörten nicht zum steuerpflichtigen Erwerb. Zudem sei die Besteuerung der Witwenrente verfassungswidrig, denn sie verstoße gegen Art. 3 und Art. 6 GG. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG teilweise Erfolg. Auf die Revision beider Parteien hob der BFH die Entscheidung auf und wies die Klage ab.


Die Gründe:
Private Steuererstattungsansprüche, die noch in der Person des Erblassers entstanden sind, gehören beim Erben zum steuerpflichtigen Erwerb im Sinn des § 10 Abs.1 ErbStG.


Noch in der Person des Erblassers entstanden sind Erstattungsansprüche, wenn und soweit beim Tod des Erblassers nach materieller Rechtslage bereits eine Überzahlung vorgelegen hat. Erstattungsansprüche, die sich aufgrund der Abrechnung gemäß § 36 Abs.2 in Verbindung mit Abs.4 S.2 EStG ergeben, entstehen mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums. Das gleiche gilt auch für Einkommensteuererstattungsansprüche, die zwar beim Tod des Erblassers bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume betreffen, aber erst nach deren Ablauf in der Zeit bis zum Tod des Erblassers dadurch entstanden sind, dass die Steuer fehlerhaft zu hoch festgesetzt und noch vom Erblasser nachbezahlt worden ist.


Dagegen entstehen Einkommensteuererstattungsansprüche, die das Todesjahr des Erblassers betreffen, bei einer Zusammenveranlagung mit dem überlebenden Ehegatten erst mit Ablauf des Todesjahrs. Sie fallen damit nicht mehr in den steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs.1 ErbStG.


Nicht erforderlich ist, dass die Einkommensteuererstattungsansprüche beim Tod des Erblassers auch durchsetzbar waren. Ein bereits vor dem Tod des Erblassers ergangener Jahressteuerbescheid, in dem eine zu hohe Einkommensteuer festgesetzt wurde, hindert die Zugehörigkeit des Erstattungsanspruchs zum steuerpflichtigen Erwerb im Sinn des § 10 Abs.1 ErbStG nicht. Erwirbt der Erbe mit dem Nachlass einen aufschiebend bedingten, betagten oder befristeten Anspruch, verschiebt § 9 Abs.1 Nr.1a Hs.2 ErbStG nicht den Erwerbszeitpunkt, sondern lediglich den Zeitpunkt der Steuerentstehung.


Auch die Besteuerung der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 3 Abs.1 Nr.4 ErbStG ist rechtmäßig. Die Rechtsprechung, wonach solche Zuwendungen dann nicht der Erbschaftsteuer unterliegen, wenn es sich um den Erwerb einer Rente durch die Witwe eines Arbeitnehmers oder einer Person handelt, die einem Arbeitnehmer gleichzustellen ist, kommt im Streitfall nicht zur Anwendung. Der Erblasser war weder ein Arbeitnehmer noch einem Arbeitnehmer gleichzustellen. Er war vielmehr herrschender Gesellschafter-Geschäftsführer.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.07.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-07-08)