Steuerrechtsurteile

Finanzbehörden können erhöhte Investitionszulage bei Ausbleiben des erwarteten Strukturwandels nicht zurückverlangen



Hat ein Unternehmen aufgrund eines erwarteten Strukturwandels die erhöhte Investitionszulage gemäß § 2 Abs.7 InvZulG 1999 erhalten, so kann das Geld nach Bestandskraft des Investitionszulagenbescheids nicht zurückgefordert werden, wenn der Strukturwandel tatsächlich ausbleibt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Finanzbehörde den Bescheid nicht unter Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks erlassen hat.

Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb im Fördergebiet ein Unternehmen der Textilbranche, das zunächst als handwerklicher Betrieb einzustufen war. Im Hinblick auf einen angestrebten Strukturwandel zum verarbeitenden Gewerbe beantragte und erhielt der Kläger im Jahr 2001 die erhöhte Investitionszulage.

Später vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der erwartete Strukturwandel tatsächlich nicht stattgefunden habe. Es änderte deshalb den mittlerweile bestandskräftigen Investitionszulagenbescheid wegen Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses und forderte das Geld zurück. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg. Das Urteil ist rechtskräftig.


Die Gründe:
Der Änderungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.


Gemäß § 175 Abs.1 Nr.2 AO kann ein Steuerbescheid zwar geändert werden, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt. Das Ausbleiben des zukünftigen Strukturwandels war kein rückwirkendes Ereignis im Sinn von § 175 Abs.1 Nr.2 AO. Denn es hat gerade keine Änderung des Sachverhalts gegeben. Vielmehr ist lediglich die vom Finanzamt erwartete Änderung des Sachverhalts – der Eintritt des Strukturwandels – ausgeblieben.


In solchen Fällen kann das Finanzamt nur dann auf die spätere Entwicklung reagieren, wenn es den Bescheid unter Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 AO erlassen hat. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.


Der Hintergrund:
Im Jahr 2001 konnten im Fördergebiet ansässige Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes oder der produktionsnahen Dienstleistungen, die nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigten, bei bestimmten Investitionen eine erhöhte Investitionszulage beanspruchen. Bei einem Strukturwandel hin zu einem solchen Betrieb war die erhöhte Investitionszulage schon für solche Investitionen zu gewähren, die im Jahr des Strukturwandels und dem vorausgehenden Jahr abgeschlossen worden sind und den Strukturwandel bewirkt haben.




Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.06.2008, Quelle: FG Berlin-Brandenburg PM vom 13.06.2008


(Meldung vom 2008-06-20)