Steuerrechtsurteile

Phobie gegen amtliche Schreiben stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar



Es kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn die Frist wegen einer Phobie gegen amtliche Schreiben versäumt wurde. Eine Krankheit stellt nur dann ein entschuldbares Hindernis dar, wenn sie schwer ist und plötzlich eintritt, so dass es für den Kranken unmöglich ist, seine steuerlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen oder sich einen Vertreter zu bestellen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin erhielt Kindergeld für ihre 18-jährige Tochter. Die beklagte Kindergeldstelle forderte die Klägerin am 16.05.2007 mit einem amtlichen Schreiben auf, innerhalb von zwei Wochen Nachweise über die Fortdauer oder das Ende der Schulausbildung ihrer Tochter vorzulegen oder Hinderungsgründe mitzuteilen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass bei Ausbleiben einer Antwort innerhalb der Frist die Kindergeldfestsetzung rückwirkend bis zum letzten Ausbildungsnachweis aufgehoben werde.

Da innerhalb der Frist keine Antwort einging, wurde die Kindergeldfestsetzung am 17.07.2007 aufgehoben und das bisher gezahlte Kindergeld in Höhe von 2.926 Euro zurückgefordert. Dagegen legte die Klägerin am 07.09.2007 Einspruch ein und reichte die angeforderten Unterlagen nach. Zudem wies sie darauf hin, dass sie unter Angstzuständen leide, die durch amtliche Schreiben ausgelöst würden. Um dies zu verhindern, lasse sie zugehende Post wochen- und monatelang im Briefkasten. Sie habe sich wiederholt in psychologische Behandlung begeben wollen, schäme sich jedoch wegen ihres Leidens. Der Einspruch wurde wegen Fristversäumnis abgelehnt.


Die Klage auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hatte vor dem FG keinen Erfolg.


Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.


Der Anspruch ist nur zu gewähren, wenn eine Verfahrensfrist schuldlos versäumt wurde. Das setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Daran fehlt es aber im Streitfall. Denn die vorgetragene Phobie gegen amtliche Schreiben ist kein geeigneter Hindernisgrund.


Eine Krankheit ist nur dann ein entschuldbares Hindernis, wenn es sich um eine schwere und plötzliche Erkrankung handelt. Diese muss den Anspruchsteller daran hindern, seine steuerlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen oder sich einen Vertreter zu bestellen.


Nach eigenem Vortrag litt die Klägerin schon länger an einer Phobie gegen amtliche Schreiben. Da es sich hierbei nicht um eine plötzlich eingetretene Krankheit handelt, war es für sie möglich, für private Unterstützung zu sorgen. Außerdem lebte die volljährige Tochter, die zu dieser Zeit Abitur machte, im Haushalt der Klägerin. Ihr wäre es durchaus möglich gewesen, der Klägerin zu helfen und sie zu unterstützen.




Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.06.2008, Quelle: FG Rheinland-Pfalz PM vom 18.06.2008


(Meldung vom 2008-06-18)