Steuerrechtsurteile

Auch bei Erben aus Drittland: Tätigkeit eines Steuerberaters als Testamentsvollstrecker ist umsatzsteuerpflichtig



Wird ein Steuerberater als Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger tätig, so unterliegen diese Leistungen selbst dann im Inland der Umsatzsteuer, wenn die Erben außerhalb der EU wohnen. Zwar richtet sich der Leistungsort bei Rechtsanwälten und Steuerberatern grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Leistungsempfängers. Die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger ist für einen Rechtsanwalt oder Steuerberater aber nicht berufstypisch.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Steuerberater. Im Streitjahr 1995 war er unter anderem entgeltlich als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger tätig, wobei die Erben ihren Wohnsitz in den USA, der Ukraine und Jugoslawien hatten. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Erbenermittlung. Das Finanzamt sah in der Testamentsvollstreckung und Nachlasspflege eine im Inland umsatzsteuerpflichtige Leistung und setzte dementsprechend Umsatzsteuer fest.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass die Umsätze im Inland nicht steuerbar seien. Es handele sich um berufstypische Leistungen eines Steuerberaters und Rechtsanwalts, bei denen gemäß § 3a Abs.3 UStG und Art. 9 Abs.2 e) 3. Gedankenstrich) der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie Leistungsort der Wohnsitz des Leistungsempfängers sei. Seine Leistungen könnten also allenfalls im Ausland besteuert werden.


Das FG wies die Klage ab. Auf eine Beschwerde des Klägers leitete die EU-Kommission, die sich der Rechtsauffassung des Klägers anschloss, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Der EuGH wies die Klage allerdings mit Urteil vom 06.12.2007 (Rs.: C-401/06) ab. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des FG hatte ebenfalls keinen Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Umsätze des Klägers aus der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Erbensucher zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen.


Nach § 1 Abs.1 Nr.1 UStG sind entgeltliche Leistungen eines Unternehmers nur dann steuerbar, wenn sie im Inland ausgeführt werden. Der Leistungsort bei einer sonstigen Leistung bestimmt sich gemäß § 3a Abs.1 UStG grundsätzlich nach dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon ist gemäß § 3a Abs.3 UStG bei bestimmten Tätigkeiten der Wohnsitz des Leistungsempfängers der Leistungsort. Dies ist unter anderem bei der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und ähnlichen Tätigkeiten der Fall.


Der Kläger betreibt sein „Unternehmen“ von Deutschland aus, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs.1 UStG im Inland liegt. Die Ausnahmevorschrift des § 3a Abs.3 UStG greift im Streitfall nicht ein. Zu den berufstypischen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts gehört die Vertretung und Verteidigung der Interessen eines Mandanten. Zu den Hauptaufgaben von Steuerberatern gehört die Vertretung ihrer Auftraggeber und die Hilfeleistung bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten.


Eine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Erbensucher ist mit diesen berufstypischen Tätigkeiten weder deckungsgleich noch vergleichbar. Testamentsvollstrecker vertreten nicht den Erblasser, sondern vollziehen nur dessen Willen. Im Übrigen handelt es sich hierbei eher um eine wirtschaftliche als um eine (steuer- oder rechts-)beratende Tätigkeit. Hauptaufgabe des Nachlasspflegers ist die Sicherung und Erhaltung des Nachlasses. Seine Aufgaben erstrecken sich weder – wie die des Rechtsanwalts – auf die Rechtspflege, noch geht es hierbei in erster Linie um eine Hilfeleistung in Steuersachen.


Die Erbensuche ist nur unselbstständige Nebenleistung der Nachlasspflege und wurde daher im Streitfall ebenfalls im Inland erbracht.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht. Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

  • Für das auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Urteil vom 06.12.2007 (Rs.: C-401/06) klicken Sie bitte hier.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.06.2008, Quelle: BFH PM Nr.59 vom 18.06.2008


(Meldung vom 2008-06-18)