Steuerrechtsurteile

Tatsächliche Nutzung des Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist für Besteuerungszuschlag maßgeblich



Wird ein Dienstfahrzeug auch privat vom Arbeitnehmer genutzt, so erhöht sich der geldwerte Vorteil nach der "Ein-Prozent-Regelung" um monatlich 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch zu diesem Zweck genutzt werden kann. Für diesen Zuschlag kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang der Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zur Arbeitsstätte genutzt wurde.

Der Sachverhalt:
Der BFH hatte in zwei Fällen darüber zu entscheiden, wie die Ermittlung der Voraussetzungen eines Zuschlags nach § 8 Abs.2 S.3 EStG zu erfolgen hat.

1. Dem ersten Fall (Az.: VI R 68/05) lag ein so genannter Park-and-Ride-Fall zugrunde. Der Kläger, ein Verband, hatte seinem Hauptgeschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Diesen durfte er auch für private Zwecke sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen.

Beim Lohnsteuerabzug ermittelte der Kläger den Zuschlag nicht auf der Grundlage der Entfernung von der Wohnung des Geschäftsführers zur Arbeitsstätte (118 km), sondern nach der Teilstrecke zum nächstgelegenen Bahnhof (3,5 km). Er ging davon aus, dass dieser von dort aus mit der Bahn zur Arbeitsstätte gefahren war. Das Finanzamt ermittelte den Zuschlag jedoch anhand der gesamten Entfernung zur Arbeitsstätte.


2. Im zweiten Fall (Az.: VI R 85/04) war der Kläger ein Außendienstmitarbeiter, dem der Arbeitgeber einen Dienstwagen für Kundenbesuche zur Verfügung gestellt hatte. Diesen durfte er auch für private Zwecke sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen. Der Kläger suchte den Betriebssitz nur an einem Arbeitstag in der Woche auf.


Das Finanzamt sah trotzdem den Betriebssitz als regelmäßige Arbeitsstätte an und erhöhte bei der Veranlagung des Klägers den Bruttoarbeitslohn um den Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.


Der BFH wies beide Streitsachen zur Ermittlung der tatsächlichen Nutzung der Dienstwagen an die Vorinstanzen zurück.


Die Gründe:
Für den Zuschlag gemäß § 8 Abs.2 S.3 EStG kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang der Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zur Arbeitsstätte genutzt wird.


1. Zuschlagsermittlung im ersten Fall:
Die Zuschlagsregelung soll den - überschießenden - pauschalen Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernungspauschale) kompensieren, der dem Arbeitnehmer bei Nutzung eines Dienstwagens zusteht, ohne dass dieser eigene Aufwendungen zu tragen hat. Aus der Korrekturfunktion des Zuschlags ergibt sich, dass für den Zuschlag ebenso wie für die Entfernungspauschale nur auf die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens abzustellen ist.


Zwar spricht im vorliegenden Fall ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Geschäftsführer den Dienstwagen für die gesamte Entfernung zur Arbeitsstätte genutzt hat. Dieser Anscheinsbeweis kann aber durch Vorlage einer auf den Arbeitnehmer ausgestellten Jahres-Bahnfahrkarte entkräftet werden.


2. Zuschlagsermittlung im zweiten Fall:
Da der Kläger den Betriebssitz fortdauernd und wiederholt aufsucht, kommt diesem eine gegenüber den Tätigkeitsstätten bei den Kundenbesuchen hinreichend zentrale Bedeutung zu. Deshalb kann der Betriebssitz im vorliegenden Fall als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen werden.


Es muss jedoch außerdem feststehen, dass der Dienstwagen tatsächlich für die Fahrten zum Betriebssitz genutzt wurde. Denn für den Fall, dass der Kläger den Dienstwagen einmal wöchentlich für die Fahrten zum Betriebssitz genutzt hat, ist bei der Ermittlung des Zuschlags auf die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten abzustellen und entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs.2 S.3 EStG eine Einzelbewertung der Fahrten entsprechend § 8 Abs.2 S.5 EStG vorzunehmen.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

  • Um direkt zu den Volltexten zu kommen, klicken Sie bitte hier für VI R 68/05

  • und hier für VI R 85/04.



Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 11.06.2008, Quelle: BFH PM Nr.56 vom 11.06.2008


(Meldung vom 2008-06-11)