Steuerrechtsurteile

Vorlage an den EuGH: Ist § 50c EStG 1990 mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar?



Nach § 50c EStG 1990 konnte ein Steuerinländer, wenn er eine Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft von einem Steuerausländer erwarb, eine durch Gewinnausschüttungen veranlasste spätere Wertminderung dieser Anteile für einen bestimmten Zeitraum nicht steuerwirksam geltend machen. Der BFH hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Vorschrift mit Art.52 EGV (jetzt Art.43 EG) und Art.73b EGV (jetzt Art.56 EG) vereinbar ist?

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie ist bis Juli 1995 durch eine formwechselnde Umwandlung einer GmbH entstanden. Dabei handelte es sich um eine länderübergreifende Umstrukturierung. Die GmbH hatte zuvor ihren Anteilsbesitz an zwei weiteren deutschen Gesellschaften aufgestockt. Dabei erwarb sie die Anteile von ihrer britischen Konzern-Muttergesellschaft und zwei anderen britischen Gesellschaften.

Die Klägerin berechnete einen Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs.4 und 5 UmwStG 1995 unter Ansatz eines so genannten Sperrbetrags nach § 50c 1990 von 22.887.706 DM (Anteile ihrer britischen Konzern-Muttergesellschaft) mit 328.096.563 DM.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass nicht nur der Erwerb der Anteile von der Muttergesellschaft einen die erworbenen Anteile belastenden Sperrbetrag nach § 50c EStG 1990 ausgelöst habe. Auch die weiteren Anteilserwerbe von den britischen Gesellschaften seien mit einem Sperrbetrag in Höhe von 322.565.500 DM belastet gewesen. Dieser zweite Sperrbetrag sei im Zuge der Verschmelzung der Gesellschaften in Anwendung von § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 auf die Klägerin "übergesprungen". Der sich aus dem Formwechsel ergebende Übernahmeverlust reduziere sich daher auf 5 531 063 DM.


Das Finanzamt stellte in Änderungsbescheiden unter jeweiliger Anpassung der Gewerbesteuer-Rückstellungen erhöhte Gewinne aus Gewerbebetrieb fest. Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem FG erfolgreich. Auf Revision beider Parteien legte der BFH dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob der Ansatz eines Sperrbetrags gemäß § 50c EStG 1990 gegen Art.52 EGV (jetzt Art.43 EG) beziehungsweise Art.73b EGV (jetzt Art.56 EG) und somit gegen die Kapitalverkehrsfreiheit sowie die Niederlassungsfreiheit verstößt.


Die Gründe:
Hatte ein Steuerinländer bis 2001 eine Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft von einem Steuerausländer erworben, konnte er eine durch Gewinnausschüttungen veranlasste spätere Wertminderung dieser Anteile für einen bestimmten Zeitraum nicht steuerwirksam geltend machen (so genannter Sperrbetrag). Das Gesetz unterstellte dabei, dass der Steuerinländer ein beim Steuerausländer nicht anrechenbares Körperschaftsteuerguthaben erworben und der Erwerb damit der Umgehung des Anrechnungsverbots für Steuerausländer gedient habe.


Der EuGH hat am Anfang 2007 entschieden (Rs.: "Meilicke"), eine nationale Begrenzung von Systemen einer Körperschaftsteueranrechnung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Deshalb stellt sich die Frage, ob auch eine Regelung mit den Wirkungen des § 50c EStG mit der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit unvereinbar ist.


Hintergrund:
Der Beschluss hat Bedeutung für eine Vielzahl noch anhängiger Streitverfahren, obwohl sich die Rechtslage ab 2001 durch die Einführung des so genannten Halbeinkünfteverfahren geändert hat.


Linkhinweis:





Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 07.05.2008, Quelle: BFH PM Nr.49 vom 07.05.2008


(Meldung vom 2008-05-07)