Steuerrechtsinfos

Bundestag verabschiedet Erbschaftsteuerreform



Der Bundestag hat am 27.11.2008 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts beschlossen. Kernpunkt der Reform ist eine einheitliche Besteuerung aller Vermögenswerte nach dem gemeinen Wert. Die hiermit verbundene Höherbewertung von Grundeigentum soll durch deutlich höhere Freibeträge für nahe Angehörige ausgeglichen werden. Außerdem sollen Firmenerben unter bestimmten Voraussetzungen keine Steuer zahlen müssen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Die beiden wichtigsten Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf:

+++ 1. Wohneigentum:
Für selbst genutztes Wohneigentum soll die Erbschaftsteuer komplett entfallen, wenn der überlebende Ehepartner oder die Kinder des Erblassers weiter in dem Haus oder in der Wohnung wohnen, und zwar unabhängig vom Wert der Immobilie. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass sie das Haus oder die Wohnung mindestens zehn Jahre lang als Erstwohnsitz selbst nutzen. Für Kinder gilt außerdem die Auflage, dass die Wohnfläche nicht größer als 200 Quadratmeter sein darf.


+++ 2. Betriebsvermögen:
Firmenerben sollen je nach gewählter Option insgesamt oder in Höhe von 85 Prozent des übertragenen Betriebsvermögens von der Besteuerung verschont bleiben.



  • Die erste Option sieht vor, dass der Firmenerbe den Betrieb im Kern zehn Jahre lang fortführt und die Lohnsumme nach zehn Jahren nicht weniger als 1.000 Prozent der Lohnsumme zum Erbzeitpunkt beträgt. Daneben darf der Anteil des Verwaltungsvermögens am betrieblichen Gesamtvermögen höchsten zehn Prozent betragen.

  • Bei der zweiten Option muss der Firmenerbe den Betrieb sieben Jahre lang fortführen und darf die Lohnsumme nach sieben Jahren nicht weniger als 650 Prozent der Lohnsumme zum Erbzeitpunkt betragen. Daneben darf der Anteil des Verwaltungsvermögens am betrieblichen Gesamtvermögen höchsten 50 Prozent betragen.

  • In beiden Fällen gibt es keine so genannte "Fallbeilregelung" mehr. Das heißt, bei Verkauf oder Aufgabe des Betriebs innerhalb der gewählten Frist fallen nur anteilig Steuern an.

Weitere Kernpunkte der Erbschaftsteuerreform:



  • Neue Bewertungsregeln: Grundvermögen soll erstmals nach seinem realen Marktwert ("gemeiner Wert") bewertet werden. Gleiches gilt für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften. Der Gesetzgeber reagiert hiermit auf die Entscheidung des BVerfG vom 7.11.2006 (Az.: 1 BvL 10/02), wonach die bisherige unterschiedliche Bewertung von Immobilien-, Betriebs- und Kapitalvermögen im Erbfall verfassungswidrig ist.

  • Höhere Freibeträge für nahe Angehörige: Die Freibeträge sollen für Ehegatten und Partnern aus eingetragenen Lebenspartnerschaften 500.000 Euro (bisher: 307.000 Euro), für Kinder 400.000 Euro (bisher: 205.000 Euro) und für Enkel 200.000 Euro (bisher: 51.200 Euro) betragen. Für weitere Abkömmlinge ist ein Freibetrag von 100.000 Euro (bisher: 51.200 Euro) geplant. Bei Erwerbern der Steuerklasse II und III soll der Freibetrag jeweils 20.000 Euro betragen.

  • Neue Tarifstufen: Der Gesetzentwurf sieht für die Steuerklassen II (Geschwister sowie entfernte Verwandte) und III (sonstige Erben) neue Tarifstufen vor. Diese belaufen sich je nach Wert des steuerpflichtigen Erwerbs auf 30 bis 50 Prozent (bisher: 12 bis 50 Prozent), wobei die Sätze in der Steuerklasse III schneller ansteigen. Für die Steuerklasse I (Ehegatten, Kinder und Enkel) bleibt es grundsätzlich bei den Steuersätzen von sieben bis maximal 30 Prozent.

  • Inkrafttreten: Die Erbschaftsteuerreform soll zum 01.01.2009 in Kraft treten.

  • Übergangsregelung: Wer in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eine Erbschaft angetreten hat, soll grundsätzlich zwischen alter und neuer Regelung wählen können. Für Schenkungen gilt dies allerdings nicht.

Kritik an der Erbschaftsteuerreform
Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) hat die geplante Firmenerben-Regelung kritisiert. Das Kriterium eines Verwaltungsvermögens von nicht mehr als zehn Prozent könne kaum ein Unternehmer erfüllen. Denn nach bisheriger Rechtslage gehörten zum Verwaltungsvermögen auch Wirtschaftsgüter, die in der Regel in den Betrieben umfangreich vorhanden sei, wie etwa an Dritte zur Nutzung überlassene Grundstücke und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften unter 25 Prozent sowie Wertpapiere, soweit sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs dienten.


Der Bund der Steuerzahler fordert dagegen Verbesserungen für die so genannten Erwerber der Steuerklasse II (Geschwister, Neffen/Nichten sowie Tanten und Onkel). Diese würden erbschaftsteuerlich wie völlig fremde Personen behandelt, obwohl sie zum Familienkreis gehörten.


Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des Bundestags veröffentlichten Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 25.11.2008 klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.11.2008, Quelle: oVs


(Meldung vom 2008-11-27)