Steuerrechtsinfos

BMF: Zu den Voraussetzungen einer tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt



Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 30.07.2008 (-IV A 3 - S 0223/07/10002 - DOK 2008/0411043) zur Zulässigkeit und zu den Voraussetzungen einer tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt über den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Sachverhalt Stellung genommen. Eine tatsächliche Verständigung kann grundsätzlich in jedem Verfahrensstadium erzielt werden. Von ihr kann auch noch nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens Gebrauch gemacht werden.

Für eine tatsächliche Verständigung gelten danach folgende Grundsätze:


  • Zulässigkeit: Die tatsächliche Verständigung ist ausschließlich im Bereich der Sachverhaltsermittlung zulässig. Sie findet daher keine Anwendung zur Klärung zweifelhafter Rechtsfragen. Auch eine Verständigung über den Eintritt bestimmter Rechtsfolgen und die Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften ist unzulässig. Sie darf außerdem nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen.

  • Voraussetzungen: Es muss ein Sachverhalt vorliegen, der nur unter erschwerten Umständen ermittelt werden kann. Das ist etwa der Fall, wenn sich einzelne Sachverhalte nur mit einem nicht mehr vertretbaren Arbeits- oder Zeitaufwand ermitteln lassen. Allein die Kompliziertheit eines Sachverhalts reicht hierfür allerdings nicht aus.

  • Anwendungsbereich: Die tatsächliche Verständigung kommt insbesondere in Fällen in Betracht, in denen ein Schätzungsspielraum, Bewertungsspielraum, Beurteilungsspielraum oder Beweiswürdigungsspielraum besteht. Sie bezieht sich im Gegensatz zur verbindlichen Auskunft ausschließlich auf abgeschlossene Sachverhalte.

  • Durchführung: Der Steuerpflichtige kann (muss aber nicht) einen Bevollmächtigten einschalten. Auf Seiten des Finanzamts muss der für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständige und zur abschließenden Zeichnung berechtigte Amtsträger beteiligt sein. Der Inhalt der Verständigung ist schriftlich festzuhalten und von den Beteiligten zu unterschreiben.

  • Rechtsfolgen: Bereits mit Abschluss der Verständigung und nicht erst mit ihrer Berücksichtigung im Steuerbescheid sind die Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung gebunden. Die Bindungswirkung wird regelmäßig auch durch nachträglich bekannt gewordene Tatsachen nicht beseitigt, es sei denn, es liegen Unwirksamkeitsgründe vor. Die Vereinbarung ist dem Verwaltungsakt zugrunde zu legen, für den sie bestimmt ist.

  • Unwirksamkeit: Die tatsächliche Verständigung ist unwirksam, wenn sie unter Ausübung unzulässigen Drucks auf den Steuerpflichtigen oder durch dessen unzulässige Beeinflussung zustande gekommen ist. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, wenn der Steuerpflichtige die Erklärung aus Sorge vor weiteren lästigen Ermittlungen und unter dem Druck eines laufenden Steuerstrafverfahrens abgegeben hat. Unwirksamkeitsgründe können sich auch aus dem BGB ergeben (Scheingeschäft, Anfechtung, offener Einigungsmangel, Vertretungsmängel oder Störung der Geschäftsgrundlage).

Linkhinweis:
Für den Volltext des auf den Webseiten des Bundesfinanzministeriums veröffentlichten BMF-Schreibens klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.09.2008, Quelle: BMF online


(Meldung vom 2008-09-19)