Steuerrechtsinfos

Vorläufigkeitsvermerke müssen hinreichend bestimmt sein



Ein Vorläufigkeitsvermerk, der keine Angaben über den Umfang der Vorläufigkeit enthält und bei dem sich der Umfang auch nicht aus anderen Umständen ergibt, ist unwirksam. Das gilt auch, wenn Gegenstand des Bescheids nur eine Einkunftsart ist. Folge der Unwirksamkeit des Vorläufigkeitsvermerks ist, dass das Finanzamt nicht mehr zur Aufhebung oder Änderung des Bescheids berechtigt ist.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Herbst 1991 in Räumen, die sie von ihrem Ehemann angemietet hatte, eine Kunstgalerie eröffnet. Sie erzielte hiermit in den folgenden neun Jahren – mit Ausnahme des Jahres 1995 – ausschließlich Verluste.

Das Finanzamt erließ für die Streitjahre 1991 bis 1994 Feststellungsbescheide, in denen es die erklärten Verluste anerkannte. Sämtliche Bescheide waren mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO versehen. Diesen hatte das Finanzamt allerdings weder näher erläutert noch begründet. Nach einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Galerie von Anfang als eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei anzusehen sei, und hob daraufhin im Oktober 2001 die Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1991 bis 1994 wieder auf.


Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage wandte sich die Klägerin gegen die Annahme der Liebhaberei. Sie machte außerdem geltend, dass die Vorläufigkeitsvermerke mangels näherer Begründung unwirksam seien und die Ausgangsbescheide daher nicht mehr geändert werden könnten. Die Klage hatte Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt war nicht mehr zur Aufhebung oder Änderung der Ursprungsbescheide berechtigt. Diese enthielten zwar jeweils einen Vorläufigkeitsvermerk. Der war aber mangels hinreichender Angaben zum Umfang der Vorläufigkeit unwirksam.


Ein Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO muss Grund und Umfang der Vorläufigkeit für den Steuerpflichtigen erkennbar angeben. Enthält er zum Umfang der Vorläufigkeit keine Angaben und ergibt sich der Umfang auch nicht aus anderen Umständen, so ist der Vermerk unwirksam mit der Folge, dass er das Finanzamt nicht zur Aufhebung oder Änderung des Ausgangsbescheids berechtigt.


Im Streitfall hat das Finanzamt nicht einmal ansatzweise begründet, weshalb und in welchem Umfang die Feststellungen nur vorläufig getroffen wurden. Dies war für die Klägerin auch nicht ohne weiteres durch Auslegung zu ermitteln. Zwar war Gegenstand des Feststellungsbescheids nur eine Einkunftsart. Es musste sich der Klägerin aber trotzdem nicht von selbst erschließen, auf welches Element der Gewinnermittlung (hier: Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben oder Einkünfteerzielungsabsicht) sich die Vorläufigkeit nach der Vorstellung des Finanzamts bezog.


Es ist auch sachgerecht, dass das Finanzamt in Fällen wie dem Vorliegenden die Befugnis zur Aufhebung oder Änderung der Ausgangsbescheide verliert. Denn anderenfalls würde der bloße Vorläufigkeitsvermerk genügen, um die zeitlich hinausgeschobene Änderungsmöglichkeit offenzuhalten, während es andererseits dem Finanzamt keine Mühe bereitet, Grund und Umfang der Vorläufigkeit zu benennen.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.11.2007, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2007-11-13)