Steuerrechtsurteile

Betriebsveräußerung: Freibetrag setzt Vollendung des 55. Lebensjahrs im Zeitpunkt der Veräußerung voraus



Wer einen Betrieb veräußert, kann auch nach der Neufassung durch das JStG 1996 den Freibetrag des § 16 Abs.4 EStG nur beanspruchen, wenn er bereits im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung das 55. Lebensjahr vollendet hat. Es reicht daher nicht aus, wenn der Veräußerer die Altersgrenze erst nach der Veräußerung, aber bis zum Ende des Veranlagungszeitraums erreicht.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war Inhaber eines Unternehmens, dessen wesentliches Betriebsvermögen in einem Schiff bestand. Im Sommer 2000 veräußerte er das Schiff und übergab es an den Erwerber. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger, der am 26.12. Geburtstag hat, 54 Jahre alt.

Das Finanzamt legte der Besteuerung des Klägers die um den Veräußerungsgewinn von 39.604 DM erhöhten Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugrunde. Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch begehrte der Kläger die Gewährung eines Freibetrags gemäß § 16 Abs.4 EStG. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, weil der Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet habe.


Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass es für die Gewährung des Freibetrags ausreiche, das er am 26.12.2000 und damit vor Ende des Veranlagungszeitraums das 55. Lebensjahr vollendet habe. Denn die Steuer entstehe erst zum Ende des Veranlagungszeitraums. Aus dem Wortlaut von § 16 Abs.4 EStG ergebe sich im Gegensatz zur früheren Regelung, die eindeutig auf den Veräußerungszeitpunkt abgestellt habe, nichts anderes.


Die Klage hatte sowohl vor dem FG als auch vor dem BFH keinen Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat dem Kläger die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs.4 EStG zu Recht versagt, weil er im Zeitpunkt der Veräußerung des Schiffes das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.


Nach § 16 Abs.4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung wird bei der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 60.000 DM übersteigt, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich im Gegensatz zur Vorgängerregelung nicht eindeutig entnehmen, ob der Veräußerer das 55. Lebensjahr im Zeitpunkt der Veräußerung oder spätestens bis zum Ende des Veranlagungszeitraums vollendet haben muss.


Aus dem geänderten Wortlaut folgt allerdings nicht, dass der Gesetzgeber den zeitlichen Anknüpfungspunkt für den Freibetrag verändern wollte. Aus der Entstehungsgeschichte der mit dem JStG 1996 eingeführten Neufassung von § 16 Abs.4 EStG ergibt sich vielmehr, dass der Gesetzgeber lediglich die Freibeträge gemäß § 16 Abs.4 S.1 und § 17 Abs.3 EStG streichen und den Freibetrag nach § 16 Abs.4 S.3 EStG beibehalten wollte. Eine Änderung der zeitlichen Anknüpfung an das Alter war dagegen nicht beabsichtigt.


Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der Veräußerung eines Gewerbebetriebs einen in sich geschlossenen, vom laufenden Gewinn zu trennenden, einheitlichen Vorgang gesehen und die Besteuerung des Veräußerungsgewinns besonderen Regelungen unterworfen hat. Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns kommt es maßgeblich auf den Veräußerungszeitpunkt an. Nichts anderes kann für die besonderen persönlichen Voraussetzungen von § 16 Abs.4 EStG gelten.


Der Hintergrund:
Nach § 16 Abs.4 EStG in der aktuellen Fassung beträgt der Freibetrag 45.000 Euro. Er ermäßigt sich zudem um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 04.01.2008; Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-01-04)