Steuerrechtsurteile

Vereinbarkeit der deutschen Künstler- und Sportlerbesteuerung mit dem Europarecht ist derzeit nicht zweifelhaft



Derzeit bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Vereinbarkeit der pauschalen Einkommensbesteuerung ausländischer Künstler und Sportler mit dem Europarecht, soweit die Vorgaben des EuGH zur Berücksichtigung von Betriebsausgaben beachtet werden. Etwas anderes ergibt sich weder aus der EG-Beitreibungsrichtlinie noch daraus, dass die EU-Kommission gegen Deutschland wegen der Künstler- und Sportlerbesteuerung ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.

Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um eine in Deutschland ansässige Konzertveranstalterin. Sie organisierte im ersten Quartal 2007 unter anderem den Auftritt einer britischen Künstlerin in Deutschland und meldete dem Finanzamt einen Steuerabzug in Höhe von rund 2.700 Euro an. Rechtsgrundlage hierfür ist § 50a EStG, wonach inländische Veranstalter bis zu 20 Prozent der Auftrittshonorare "an der Quelle" einbehalten und an das Finanzamt abführen müssen. Bemessungsgrundlage für diesen Steuerabzug sind die Bruttohonorare; Betriebsausgaben werden nach der gesetzlichen Regelung nicht berücksichtigt.

Die Klägerin erhob gegen die Steueranmeldung Einspruch und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Anmeldung. Zur Begründung berief sie sich auf die Urteile des EuGH vom 3.10.2006 (Rs.: C-290/04 - "FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH") und 15.2.2007 (Rs.: C-345/04 - "Centro Equestre da Lezíria Grande Lda."), die die Rechtmäßigkeit der deutschen Regelung angezweifelt hätten, sowie auf einen Verstoß gegen die EG-Beitreibungsrichtlinie.

Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steueranmeldung statt. Auf die Beschwerde des Finanzamts hob der BFH diese Entscheidung auf wies den Antrag ab.


Die Gründe:
Die Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung ist nicht auszusetzen, da derzeit keine ernstlichen Zweifel an der Vereinbarkeit der in Deutschland praktizierten Künstler- und Sportlerbesteuerung mit dem Gemeinschaftsrecht besteht.


Vorgaben zum Betriebsausgaben-Abzug
Zwar ist seit längerem umstritten, ob der Steuerabzug nach Maßgabe von § 50a EStG mit dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar ist, und hat der EuGH in den Urteilen vom 3.10.2006 (Rs.: C-290/04) und 15.2.2007 (Rs.: C-345/04) verlangt, dass dem Veranstalter mitgeteilte Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Den Steuerabzug selbst hat der EuGH aber als effizientes Mittel der Steuererhebung angesehen und den Abzug unter der Voraussetzung gebilligt, dass dem Künstler und Sportler später etwaige Überzahlungen erstattet werden.


Die Vorgaben des EuGH zum Betriebsausgaben-Abzug sind trotz bislang fehlender Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bereits jetzt geltendes Recht. Das folgt aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts und entspricht auch der gegenwärtigen Verwaltungspraxis.


Vertragsverletzungsverfahren
Auch aus dem von der Kommission am 26.3.2007 gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Denn dieses Verfahren betrifft ebenfalls nur die gebotene Berücksichtigung von Betriebsausgaben.


EG-Beitreibungsrichtlinie
Darüber hinaus hat der EuGH in seinen Entscheidungen zur deutschen Künstler-Besteuerung zwar anklingen lassen, dass die Rechtslage möglicherweise seit Inkrafttreten der EG-Beitreibungsrichtlinie Mitte 2002 anders zu beurteilen sei. Dies ist aber zumindest derzeit noch nicht der Fall.


Die zwischenstaatliche Amtshilfe in Steuersachen ist angesichts unterschiedlicher Verwaltungsabläufe in den einzelnen Mitgliedstaaten, sprachlicher Schwierigkeiten und ähnlicher Unabgestimmtheiten gegenwärtig noch unzulänglich und nicht geeignet, die vom EuGH ausdrücklich bestätigte Effizienz des Abzugssystems zu ersetzen. Sie lässt derzeit vielmehr gegenüber unbeschränkt steuerpflichtigen Künstlern und Sportlern gleichheitswidrige Defizite des Steuervollzugs und der Steueraufsicht befürchten.


Linkhinweise:


Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.


Auf den Webseiten des EuGH finden Sie zudem





Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 19.12.2007; Quelle: BFH PM Nr.109 vom 19.12.2007


(Meldung vom 2007-12-19)