Steuerrechtsurteile

Zum Grundsteuererlass bei strukturell bedingter Ertragsminderung



Ein Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs.1 GrStG ist unabhängig davon zu gewähren, ob die das erforderliche Ausmaß (mehr als 20 Prozent) erreichende Ertragsminderung typisch oder atypisch, strukturell oder nicht strukturell bedingt, vorübergehend oder nicht vorübergehend ist. Die Ertragsminderung ist lediglich an der tatsächlich vereinbarten oder an der üblichen Miete zu messen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine vermögensverwaltende KG, hatte 1994 auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Bürogebäude errichtet, das sie vollständig vermieten wollte. Das Grundstück ist zum 1.1.1995 im Ertragswertverfahren als Geschäftsgrundstück bewertet worden.

Im Jahr 1999 beantragte die Klägerin, ihr die Grundsteuer gemäß § 33 Abs.1 GrStG in Höhe eines bestimmten Teilbetrags zu erlassen, weil das Gebäude teilweise leer stehe und die Mieten für die vermieteten Flächen hinter der ortsüblichen Miete weit zurückblieben.


Das Finanzamt lehnte den Erlass ab, weil die Leerstände und niedrigen Mieten nicht durch atypische Umstände, sondern strukturell bedingt und überdies nicht vorübergehend, sondern von Dauer seien. Außerdem habe die Klägerin nicht nachgewiesen, die Vermietungsobjekte erheblich unter der üblichen Miete angeboten zu haben.


Die gegen den ablehnenden Bescheid gerichtete Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das abweisende Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG kann die Klägerin einen Anspruch auf den Erlass der Grundsteuer haben.


BVerwG hat Rechtsprechung geändert
Das BVerwG hat seine Rechtsprechung, wonach in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von gewisser Dauer ein Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs.1 GrStG nicht in Betracht komme, durch Beschluss vom 24.4.2007 (Az.: BVerwG GmS-OGB 1/07) aufgegeben und sich der abweichenden Ansicht des BFH angeschlossen.


Damit sind alle Differenzierungen nach typischen oder atypischen, nach strukturell bedingten oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig. Da das FG noch von der früheren Rechtsauffassung des BVerwG ausgegangen und auch der Alternativbegründung des FG nicht zu folgen ist, wonach die Klägerin die Ertragsminderung zu vertreten habe, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.


Die möglichen Bezugsgrößen einer etwaigen Ertragsminderung
Die tatsächlich vereinbarte Miete ist maßgebend bei zu Beginn des Erlasszeitraums (1.1. des jeweiligen Kalenderjahres) vermieteten Räumen, wenn etwa der Mieter im Verlauf dieses Zeitraums die Miete schuldig bleibt oder auszieht und ein Nachmieter nicht oder nicht sofort gefunden werden kann.


Die übliche Miete ist maßgeblich bei Räumen, die zu Beginn des Erlasszeitraums leer standen. Übliche Miete ist dabei die Miete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.


Konsequenz für den Grundsteuererlass
Bleiben die tatsächlich erzielten Einnahmen in dem einjährigen Erlasszeitraum - bezogen auf das oder die Gebäude im Ganzen - hinter diesen Bezugsgrößen um mehr als 20 Prozent zurück, besteht ein Anspruch auf Grundsteuererlass, wenn den Steuerpflichtigen kein Verschulden an der Ertragsminderung trifft. Um dies auszuschließen, muss er sich um eine Vermietung der Räume zu einem marktgerechten Preis nachhaltig bemüht haben.


Linkhinweis:





Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.12.2007, Quelle: BFH PM Nr.107 vom 12.12.2007


(Meldung vom 2007-12-12)