Steuerrechtsurteile

Kindergeld: Teilnahme an einem Trainee-Programm nach dem Studium kann eine Berufsausbildung darstellen



Eine nach Abschluss eines Hochschulstudiums erfolgte Trainee-Anstellung kann eine Berufsausbildung im Sinn von § 32 Abs.4 S.1 Nr.2a EStG darstellen, so dass die Eltern weiterhin Kindergeld beanspruchen können. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Trainee mit sämtlichen für den künftigen Beruf relevanten Bereiche in Berührung kommt, hierbei qualifizierte Arbeiten übernimmt, von Vorgesetzten unterwiesen und korrigiert wird und das Gehalt sich der Höhe nach an einer Ausbildungsvergütung orientiert.

Der Sachverhalt:
Die 1981 geborene Tochter der Klägerin strebte eine Tätigkeit im Bereich Presse, PR oder Marketing an. Sie studierte zunächst Germanistik, Anglistik und Wirtschaftswissenschaft und schloss nach erfolgreicher Magisterprüfung zum 15.06.2007 mit einem Verlag einen auf ein Jahr befristeten Vertrag als Trainee im Bereich Marketing ab. Im Rahmen des Trainee-Programms lernte sie alle relevanten Bereiche des Verlags kennen. Dabei wurde sie entweder durch die Geschäftsführerin des Verlags oder die jeweiligen Abteilungsleiter unterwiesen und gegebenenfalls korrigiert und erbrachte qualifizierte Arbeiten.

Während des Trainee-Programms erhielt die Tochter der Klägerin eine Jahresvergütung in Höhe von 7.800 Euro. Anschließend wurde sie vom Verlag gegen eine Jahresvergütung in Höhe von 21.600 Euro fest als Marketingassistentin angestellt.


Die beklagte Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab dem Beginn des Trainee-Programms auf. Dies begründete sie damit, dass es sich bei einer Trainee-Tätigkeit im Anschluss an ein Studium nicht um eine Berufsausbildung im Sinn von § 32 Abs.4 S.1 Nr.2a EStG handele. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg. Das Gericht ließ allerdings die Revision zum BFH zu.


Die Gründe:
Die Klägerin hat auch für die Zeit der Teilnahme ihrer Tochter an dem Trainee-Programm einen Anspruch auf Kindergeld. Rechtsgrundlage hierfür ist § 32 Abs.4 S.1 Nr.2a EStG, wonach für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben, ein Kindergeld-Anspruch besteht, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel zwar noch nicht erreicht hat, sich jedoch ernstlich darauf vorbereitet.


Auch eine praktische Tätigkeit, die ausbildungswillige Kinder vor Annahme einer vollbezahlten Stelle gegen eine geringe Entlohnung absolvieren, wie etwa ein Volontariat, kann eine Berufsausbildung darstellen. Denn zur Berufsausbildung gehört nicht nur der erstmalige Erwerb, sondern auch die anschließende Vervollkommnung und Abrundung von Wissen und Fähigkeiten. Voraussetzung ist aber, dass der Ausbildungszweck im Vordergrund steht und es sich nicht lediglich um ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis handelt. Insoweit ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere entscheidend, ob



  • der Trainee während seiner Tätigkeit mit sämtlichen für den künftigen Beruf relevanten Sachbereiche in Berührung kommt,

  • hierbei qualifizierte und auf den bisherigen Ausbildungsstand aufbauende Arbeiten übernimmt,

  • Unterweisungen und Korrekturen vorgesetzter Mitarbeiter unterworfen ist

  • und das Gehalt sich der Höhe nach an einer Ausbildungsvergütung orientiert.

Nach diesen Grundsätzen befand sich die Tochter der Klägerin während der Teilnahme an dem Trainee-Programm in einer Ausbildung. Gerade im Presse- und Verlagswesen reichen die durch ein Hochschulstudium vermittelten Kenntnisse oft nicht aus, um das berufliche Anforderungsprofil zu erfüllen, und werden die erforderlichen praktischen Fertigkeiten erst durch auf das Studium aufbauende Praktika, Trainee-Programme oder Volontariate vermittelt. Die Tochter der Klägerin hat während ihrer Trainee-Zeit zudem sämtliche für den Bereich Marketing wichtigen Abteilungen durchlaufen und unter Anleitung qualifizierte Leistungen erbracht. Auch die Höhe der Vergütung spricht für ein Ausbildungsverhältnis.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.01.2009, Quelle: FG Münster PM Nr.1 vom 06.01.2009


(Meldung vom 2009-01-06)