Steuerrechtsurteile

Mitarbeiterbeteiligungsprogramm: Verzicht des Arbeitgebers auf Rückerstattung von Aktien führt nicht zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit



Bei einem Aktienerwerb im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil in dem Zeitpunkt zu, in dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird. Eine durch Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgelöste Rückerstattungsverpflichtung führt nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinn von § 175 Abs.1 S.1 Nr.2 AO nachträglich zur Beseitigung der im Zeitpunkt der Umwandlung angenommenen Vermögensmehrung.

Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden waren. Der Kläger war seit  Juni 1999 bei einer AG angestellt. Er nahm als Arbeitnehmer an einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm des Unternehmens teil. Er erhielt von seinem Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von Wandelschuldverschreibungen, die ihn zum verbilligten Erwerb von Aktien berechtigten. Aufgrund einer Verfallklausel war der Arbeitnehmer für den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Rückübertragung bereits gewandelter Aktien verpflichtet.

Nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Aufhebungsvertrag vom 15.08.2000 aufgelöst worden war, verzichtete das Unternehmen aber zugunsten des Klägers auf Rückübertragung eines Teils der Aktien. Das Finanzamt nahm den Zufluss des geldwerten Vorteils in dem Zeitpunkt an, in dem der Arbeitgeber des Klägers auf die Rückübertragung der Aktien verzichtete. Dagegen bestand der Kläger auf einer Besteuerung in dem früheren Zeitpunkt der Wandlung der Anleihen in Aktien zu einem weitaus geringeren Wert.


Das FG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Der nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch Vorstandsbeschluss erklärte Verzicht auf Rückübertragung der streitbefangenen Aktien im Streitjahr 2000 führte nicht zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs.1 S.1 Nr.1 in Verbindung mit § 8 Abs.1 EStG.


Zwar erzielte der Kläger durch die verbilligte Überlassung der Aktien Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Diese flossen ihm aber nicht im Streitjahr, sondern spätestens mit der Umwandlung der Wandelschuldverschreibungen in Aktien im Jahr 1999 zu.


Bei einem Aktienerwerb fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil in dem Zeitpunkt zu, in dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird. Dem Zufluss steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- beziehungsweise Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann. Denn der Erwerber ist rechtlich und wirtschaftlich bereits von dem Augenblick an Inhaber der Aktie, in dem sie auf ihn übertragen oder auf seinen Namen im Depot einer Bank hinterlegt wird.


Der Annahme des Zuflusses durch Umwandlung der Anleihe in Aktien steht es auch nicht entgegen, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer Verfallsklausel bei frühzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Bedingungen zur Rückübertragung der Aktien verpflichtet ist. Denn der geldwerte Vorteil fließt dem Arbeitnehmer auch dann mit der Verschaffung der Verfügungsmacht zu, wenn die Aktien gemäß § 158 Abs.2 BGB unter der auflösenden Bedingung einer Rückzahlungsverpflichtung überlassen werden und diese Bedingung eintritt (so genanntes Ist-Prinzip).


Die durch Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgelöste Rückerstattungsverpflichtung führt auch nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinn von § 175 Abs.1 S.1 Nr.2 AO nachträglich zur Beseitigung der im Zeitpunkt der Umwandlung angenommenen Vermögensmehrung.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.01.2009, Quelle: BFH PM Nr.124 vom 23.12.2008


(Meldung vom 2009-01-05)