Steuerrechtsurteile

Grundsatzentscheidung: Bei Steuerhinterziehungen in Millionenhöhe kommt regelmäßig keine Bewährungsstrafe mehr in Betracht



Bei einer Steuerhinterziehung richtet sich die Strafhöhe maßgeblich nach dem Steuerschaden. Ab einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag ist regelmäßig eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Eine Geldstrafe kommt dann nur noch beim Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen in Betracht. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kann die Vollstreckung der Freiheitsstrafe regelmäßig nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der Sachverhalt:
Der Angeklagte betrieb als Subunternehmer ein Bauunternehmen, in dem er die Arbeitnehmer "schwarz" beschäftigte. Es wurden also weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Der Angeklagte gab auch keine Umsatzsteuererklärung ab. Außerdem stellte er seinen Auftraggebern Scheinrechnungen aus, um diesen zu ermöglichen, rechtswidrig Vorsteuererstattungen geltend zu machen.

Der hierdurch bewirkte Steuerschaden und die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen nach den Feststellungen des LG jeweils fast eine Millionen Euro. Das LG verurteilte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 48 Fällen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung aussetzte.


Mit seiner hiergegen gerichteten Revision erstrebte der Angeklagte insbesondere eine Strafaussetzung zur Bewährung. Die Revision hatte keinen Erfolg.


Die Gründe:
Die Höhe der Freiheitsstrafe und die nicht erfolgte Strafaussetzung zur Bewährung sind rechtlich nicht zu beanstanden.


Bei einer Steuerhinterziehung bestimmt sich die Strafe maßgeblich nach dem hierdurch verursachten Steuerschaden. Insoweit kommt § 370 Abs.3 S.2 Nr.1 AO eine indizielle Bedeutung zu. Hiernach liegt ein - mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu ahnender - besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor, wenn eine Hinterziehung von "großem Ausmaß" vorliegt. Dies ist - ähnlich wie beim Betrug - bei einem Schaden von über 50.000 Euro der Fall.


Hiervon ausgehend gelten für die Strafzumessung bei der Steuerhinterziehung folgende Grundsätze:



  • Jedenfalls ab einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag kommt die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen in Betracht.

  • Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kann die Vollstreckung der Freiheitsstrafe regelmäßig nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, es sei denn, es liegen besonders gewichtige Milderungsgründe vor.

  • Bei einem Schaden in Millionenhöhe kommt regelmäßig auch keine Erledigung im Strafbefehlsverfahren mehr in Betracht, da hier nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verhängt werden kann.

Bei der Beitragshinterziehung nach § 266a StGB ist im Rahmen der Strafzumessung ebenfalls der hierdurch verursachte Schaden zu berücksichtigen. Grundlage für die Schadensberechnung ist der ausgezahlte Lohn zuzüglich der hierauf entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Das ergibt sich aus der gesetzlichen Neuregelung in § 14 Abs.2 S.2 SGB IV, wonach bei Schwarzarbeit ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gilt.


Linkhinweis:



  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht. 

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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 02.12.2008; Quelle: BGH PM Nr.221 vom 02.12.2008


(Meldung vom 2008-12-02)