Steuerrechtsurteile

Vorlage an das BVerfG: Verstößt die höhere Besteuerung von umwandlungssteuerrechtlichen Übernahmegewinnen im Jahr 1999 gegen das GG?



Der BFH hat dem BVerfG die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die höhere Besteuerung umwandlungssteuerrechtlicher Übernahmegewinne im Veranlagungszeitraum 1999 gegen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt verstößt. Der BFH hält die entsprechende Norm für nichtig, weil der Vermittlungsausschuss mit der Gesetzesinitiative die ihm durch das Anrufungsbegehren vorgegebenen Grenzen überschritten habe.

Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, die im Streitjahr 1999 als geschäftsleitende Holdinggesellschaft von fünf Tochtergesellschaften in der Rechtsform der GmbH fungierte. Die Tochtergesellschaften wandelten sich aufgrund von Umwandlungsbeschlüssen vom 14.12.1999 zum 31.12.1999 in Kommanditgesellschaften um, an denen die Klägerin nunmehr die Kommanditbeteiligungen hielt.

Das Finanzamt versteuerte bestimmte Teile des Übernahmegewinns aus der Umwandlung der Tochter-GmbH in Personengesellschaften mit einem Steuersatz von 45 Prozent anstatt mit dem allgemeinen Steuersatz von 40 Prozent.


Rechtsgrundlage hierfür war die mit dem Steuerbereinigungsgesetz vom 22.12.1999 (StBereinG 1999) eingeführte Neuregelung in § 54 Abs.9 S.1 KStG. Diese Vorschrift sollte ursprünglich erstmals im Veranlagungszeitraum 2000 anwendbar sein. Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses, der im Zusammenhang mit der geplanten Besteuerung der Erträge aus Kapitallebensversicherungen angerufen worden war, wurde die Regelung allerdings um ein Jahr vorgezogen.


Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass die vorgezogene Einführung des höheren Steuersatzes verfassungswidrig sei. Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob § 54 Abs.9 S.1 KStG in der Fassung des StBereinG 1999 gegen Art. 20 Abs.3, Art. 76 Abs.1 GG verstößt.


Die Gründe:
§ 54 Abs.9 S.1 KStG 1999 verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt. Die Norm beruht auf einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat, die die diesem von Verfassungs wegen gesetzten Grenzen übersteigt.


Der Vermittlungsausschuss darf nach der Rechtsprechung des BVerfG nur solche Änderungen an einem Gesetzentwurf vorschlagen, die sich im Rahmen des Anrufungsbegehrens bewegen. Denn er ist nicht selbst zur Einbringung von Gesetzesvorlagen berechtigt, sondern soll lediglich eine Brücke zwischen den von den Gesetzgebungsorganen schon erörterten Alternativen schlagen. Überschreitet der Vermittlungsausschuss diese Grenzen seiner Befugnisse, so ist ein hierauf beruhendes Gesetz nicht ordnungsgemäß zustande gekommen.


Im Hinblick auf § 54 Abs.9 S.1 KStG 1999 hat der Vermittlungsausschuss die ihm von der Verfassung gesetzten Grenzen überschritten. Er ist nicht zur Besteuerung von Übernahmegewinnen, sondern lediglich zur Einführung einer Besteuerung von Erträgen aus Kapitallebensversicherungen angerufen worden. Diese beiden Themenkomplexe stehen in keinerlei inhaltlicher Beziehung zueinander. Das Vorziehen der höheren Besteuerung der Übernahmegewinne beruhte auch nicht auf einem Entgegenkommen des Bundesrats als "Gegenleistung" für die Streichung der Besteuerung von Kapitallebensversicherungen.


Es fehlte daher an der notwendigen Mitwirkung des Bundestags. Dieser Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt führt angesichts der Evidenz des Verfassungsverstoßes zur Nichtigkeit der Norm.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.12.2008, Quelle: BFH PM Nr.118 vom 03.12.2008


(Meldung vom 2008-12-03)