Steuerrechtsurteile

Finanzämter dürfen Steuererstattungsansprüche von Eheleuten auch bei Insolvenz eines Ehepartners hälftig aufteilen



Haben zusammen veranlagte Eheleute Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer gezahlt, ohne dabei anzugeben, dass hiermit nur die Steuerschuld des leistenden Ehegatten beglichen werden soll, so ist eine spätere Steuererstattung auf beide Ehegatten zu verteilen. Das gilt selbst dann, wenn über das Vermögen eines der beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Vorauszahlung das Insolvenzverfahren eröffnet war.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr Ehemann wurden seit 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Frühjahr 2004 hatte das Finanzamt gegen die Eheleute Vorauszahlungen für das laufende Steuerjahr festgesetzt. Das Finanzamt wusste, dass zu diesem Zeitpunkt über das Vermögen des Ehemanns der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Die Klägerin überwies die jeweils quartalsweise festgesetzten Vorauszahlungen, ohne eine besondere Tilgungsbestimmung zu treffen.

Die Vorauszahlungen führten später zu einem Steuererstattungsanspruch. Das Finanzamt rechnete das Steuerguthaben zunächst ausschließlich der Klägerin zu. Auf den Einspruch des beigeladenen Insolvenzverwalters teilte es das Guthaben hälftig auf die Klägerin und den Beigeladenen auf.


Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass es sich in Anbetracht der Insolvenz ihres Ehemanns von selbst verstehe, dass ihre Zahlungen nicht auch auf dessen Rechnung hätten gezahlt werden sollen, zumal ihr Ehemann selbst gar keine Zahlungen hätte leisten dürfen. In einer solchen Situation sei es für das Finanzamt offensichtlich, dass der nicht insolvente Ehegatte mit seiner Zahlung nur seine Steuerschulden bedienen und nicht eine Entlastung der Insolvenzmasse bewirken wolle.


Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat das Guthaben zu Recht geteilt. Nach § 37 Abs.2 AO ist derjenige erstattungsfähig, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Bei nicht dauernd getrennt lebenden zusammen veranlagten Ehegatten kann das Finanzamt nach ständiger Rechtsprechung des BFH davon ausgehen, dass der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlende Ehegatte zugleich auch die Steuerschuld des anderen begleichen will, wenn er nicht ausdrücklich eine andere Tilgungsbestimmung trifft.


Diese Grundsätze gelten auch, wenn - wie hier - im Zeitpunkt der Zahlung über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet ist. In einem solchen Fall ist es für das Finanzamt ohne entsprechende Tilgungsbestimmung nicht offensichtlich, dass der zahlende Ehegatte nur seine eigene Steuerschuld begleichen will. Das Finanzamt kann und muss keine Vermutungen über eine bestimmte wirtschaftliche Interessenslage der Ehegatten anstellen. Zudem kann es im Zeitpunkt der Zahlung noch gar nicht absehen, ob es später zu einer Steuererstattung kommen wird und die Insolvenz im Zeitpunkt der Steuererstattung noch andauert.


Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass es auch während des Insolvenzverfahrens eines der Ehegatten durchaus Gründe für den jeweils anderen geben kann, Steuervorauszahlungen auf Rechnung beider Eheleute zu bewirken. So kann die Zahlung etwa auch auf Rechnung des zahlungsunfähigen Ehegatten erfolgen, um diesen bei der Befriedigung seiner Gläubiger und der raschen Bereinigung seiner schlechten wirtschaftlichen Situation zu unterstützen.


Daher obliegt es den betroffenen Ehegatten, zu entscheiden, ob eine Teilung des künftigen Steuerguthabens wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Es ist ihre Sache, durch eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung klar zu machen, dass die Steuervorauszahlung nur auf Rechnung des leistenden Ehegatten erfolgen soll. Hierfür bedarf es lediglich eines entsprechenden Hinweises an das Finanzamt im Zeitpunkt der Leistung der Vorauszahlung.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.11.2008, Quelle: BFH PM Nr.105 vom 12.11.2008


(Meldung vom 2008-11-12)