Steuerrechtsurteile

Versorgung von Kindern kranker Eltern durch anerkannte ambulante Pflegedienste ist umsatzsteuerfrei



Umsätze, die eine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen durch Gestellung von Haushaltshilfen im Sinn des § 38 SGB V erzielt, sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr.16e UStG steuerfrei. Die Versorgung und Betreuung kleiner oder selbst hilfsbedürftiger Kinder ist eng mit der Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung des erkrankten und pflegebedürftigen Elternteils verbunden.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH und im Bereich der ambulanten Pflege kranker und hilfsbedürftiger Personen tätig. In den Streitjahren 1999 bis 2001 wurden die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen.

Neben den typischen pflegerischen Tätigkeiten führte die Einrichtung im Rahmen der von den Sozialversicherungsträgern anerkannten Grundpflege auch Tätigkeiten zur hauswirtschaftlichen Versorgung aus. Die daraus erzielten Umsätze wurden von den Versicherungsträgern nach § 38 SGB V abgerechnet.


Die Klägerin gab in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre keine steuerpflichtigen Umsätze an. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass Hilfen im hauswirtschaftlichen Bereich nach Abschn. 99a Abs.3 S.2 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 von der Steuerbefreiung ausgenommen seien, und setzte Umsatzsteuer fest.


Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Die Umsätze der Klägerin sind, auch soweit sie Leistungen nach § 38 SGB V durch Gestellung von Haushaltshilfen erbracht hat, von der Umsatzsteuer befreit.


Gemäß § 4 Nr.16e UStG sind die mit dem Betrieb der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze steuerfrei, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. Die Klägerin war als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt worden und erfüllte damit die Voraussetzungen.


Darüber hinaus ist die Steuerbefreiung allerdings auch auf Umsätze zu erweitern, die ein solcher Pflegedienst als so genannte Haushaltshilfe im Sinn des § 38 SGB V durch die Versorgung und Betreuung von Kindern erzielt, wenn der den Haushalt führende Elternteil hierzu krankheitsbedingt nicht in der Lage ist. Denn die Versorgung und die Betreuung kleiner oder selbst hilfsbedürftiger Kinder ist im Sinn des § 4 Nr. 16 UStG eng mit der Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung des erkrankten und pflegebedürftigen Elternteils verbunden.


Selbst wenn § 4 Nr.16e UStG die Gestellung einer Haushaltshilfe im Sinn des § 38 SGB V nicht erfassen sollte, könnte sich die Klägerin unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs.1g der Richtlinie 77/388/EWG berufen.


In gleicher Weise hat auch schon der EuGH entschieden, dass die Einnahmen aus der Kinderbetreuung nach Gemeinschaftsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Eltern dazu nicht in der Lage sind (Urteil vom 09.02.2006, Rs.: C-415/04).


Linkhinweise:



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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.10.2008, Quelle: BFH PM Nr.100 vom 29.10.2008


(Meldung vom 2008-10-29)