Steuerrechtsurteile

Auch Dienstleistungen für Sportvereine können von der Mehrwertsteuer befreit sein



Die Steuerbefreiung für Dienstleistungen im engen Zusammenhang mit Sport gemäß der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ist nicht nur auf bestimmte Arten von Sport anwendbar, sondern bezieht sich auf den Sport im Allgemeinen. Damit sind von der Steuerbefreiung auch Sportarten umfasst, die von Einzelnen notwendigerweise in Zusammenschlüssen von Personen oder in Sportvereinen ausgeübt werden.

Der Sachverhalt:
In dem Rechtsstreit geht es um zwei englische Hockey-Clubs, die in ihrem Land Vereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit sind. Sie sind ihrerseits Mitglieder von England Hockey, einer Einrichtung ohne Gewinnstreben, die die Förderung und Entwicklung des Hockeysports in England zum Ziel hat.

Die Vereine zahlen Mitgliedsbeiträge an England Hockey und erhalten als Gegenleistung bestimmte Dienstleistungen wie beispielsweise Kurse für Trainer, Schiedsrichter, Lehrer und Jugendliche. Außerdem erhalten sie Möglichkeiten des Zugangs zu staatlichen Mitteln und Geldern der Lotterie, Beratung im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren, Vereinsverwaltungsdienste und Versicherungsschutz für Vereine sowie die Organisation von Mannschaftsturnieren.


Die britischen Steuerbehörden verlangten von England Hockey für die erhobenen Mitgliedsbeiträge jeweils Mehrwertsteuern. Da die Hockey Clubs keine Sport ausübenden Personen seien, fielen diese Dienstleistungen nicht unter den Befreiungstatbestand.


Die Vereine legten gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein. Der mit der Sache befasste High Court of Justice fragte daraufhin den EuGH, ob Personen im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung gemäß der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG auch juristische Personen und Vereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit und nicht nur natürliche Personen sein können. Der EuGH bejahte dies unter drei zwingenden Voraussetzungen.


Die Gründe:
Die Steuerbefreiung gemäß der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ist nicht nur auf bestimmte Arten von Sport anwendbar, sondern bezieht sich auf den Sport im Allgemeinen.


Damit sind von der Steuerbefreiung auch Sportarten umfasst, die von Einzelnen notwendigerweise in Zusammenschlüssen von Personen oder in Sportvereinen ausgeübt werden. Würde hingegen die Steuerbefreiung dahin ausgelegt, dass sie verlangt, dass die Dienstleistungen natürlichen Personen zu erbringen sind, liefe dies darauf hinaus, dass eine große Zahl von Dienstleistungen automatisch und unweigerlich von dieser Steuerbefreiung ausgeschlossen wäre. Ein derartiges Ergebnis liefe dem Ziel zuwider, diese Steuerbefreiung tatsächlich den Dienstleistungen zugutekommen zu lassen, die Sport ausübenden Einzelpersonen erbracht werden.


Außerdem stünde eine solche Auslegung nicht in Einklang mit dem dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Grundsatz der steuerlichen Neutralität.
Für eine Steuerbefreiung müssen die Dienstleistungen allerdings zwingend drei Bedingungen erfüllen:



  • Sie müssen von einer Einrichtung ohne Gewinnstreben erbracht werden,

  • sie müssen mit dem Sport in engem Zusammenhang stehen und für seine Ausübung unerlässlich sein, und

  • die tatsächlichen Begünstigten dieser Leistungen müssen die Personen sein, die den Sport ausüben.

Dienstleistungen, wie beispielsweise die Beratungen im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren, können nicht von der Steuer befreit werden. Das Gleiche gilt für Dienstleistungen, die dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden, von der Befreiung ausgeschlossen sind.


Linkhinweis:


Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.




Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 20.10.2008, Quelle: EuGH PM Nr.75/08 vom 16.10.2008


(Meldung vom 2008-10-20)