Steuerrechtsurteile

Unterhaltsleistungen an mittellose Lebenspartner sind als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar



Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen an seine mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebende, mittellose Lebenspartnerin sind ohne Berücksichtigung der so genannten Opfergrenze als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a Abs.1 S.2 EStG abziehbar. Erzielt nur einer der Partner Einkünfte, so ist es - jedenfalls bei Steuerpflichtigen in einfachen Verhältnissen - praktisch unumgänglich, daraus die größten Ausgaben wie Miete samt Nebenkosten, Nahrungsmittel und Kleidung für beide zu begleichen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger lebte im Streitjahr 2003 mit seiner damaligen Verlobten und jetzigen Ehefrau in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Die Verlobte war wegen einer chronischen Erkrankung nicht erwerbstätig und erzielte keine eigenen Einkünfte. Wegen des zu hohen Nettoverdienstes des Klägers erhielt sie auch keine Sozialhilfe.

Beide wohnten im Streitjahr im ersten Obergeschoss eines Einfamilienhauses. Im Erdgeschoss wohnte die Mutter der Verlobten mit ihrem Mann. Das Dachgeschoss bewohnte der Bruder der Verlobten. Alle Personen teilten sich die im Erdgeschoss gelegene Küche. Hauptmieter des Gebäudes waren die Mutter der Verlobten und ihr Ehemann. Der Kläger zahlte Miete an die Mutter. Die Mietparteien wirtschafteten getrennt von einander.


In seiner Einkommensteuererklärung für 2003 machte der Kläger Unterhaltsleistungen für Miete und Lebensunterhalt seiner Verlobten in Höhe von 7.188 Euro geltend. Das Finanzamt berücksichtigte nur 2.741 Euro und begründete dies damit, dass nach der so genannten Opfergrenze nur 23 Prozent des Nettoeinkommens des Klägers abziehbar seien.


Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.


Gründe:
Der Kläger kann die Aufwendungen für den Unterhalt gegenüber seiner Verlobten im Streitjahr 2003 bis zur Höhe von 7.188 Euro vom Gesamtbetrag seiner Einkünfte abziehen.


Aufwendungen für den Unterhalt einer gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigten Person können gemäß § 33a Abs.1 S.1 EStG auf Antrag bis zu einem bestimmten Betrag (im Streitjahr: 7.188 Euro) vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen ist nach § 33a Abs.1 S.2 EStG eine Person gleichgestellt, der zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel gekürzt werden.


Dennoch ist die so genannte Opfergrenze nicht auf Unterhaltsleistungen an den in Haushaltsgemeinschaft lebenden nichtehelichen Partner anzuwenden. Denn gegenüber den nach § 33a Abs.1 S.2 EStG gleichgestellten Personen besteht keine Unterhaltspflicht.


Ohne Rücksicht auf die Opfergrenze kann ausnahmsweise etwas anderes gelten, wenn zusammenlebende Partner eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft bilden und gemeinsam wirtschaften müssen. Denn erzielt nur einer der Partner Einkünfte, so ist es - jedenfalls bei Steuerpflichtigen in einfachen Verhältnissen - praktisch unumgänglich, daraus die größten Ausgaben wie Miete samt Nebenkosten, Nahrungsmittel und Kleidung für beide zu begleichen. In derartigen Fällen wäre es sittlich nicht zu billigen, den bedürftigen Partner, dem mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen öffentliche Mittel verweigert werden, nur unzureichend zu unterstützen.


Die Anwendung der Opfergrenze stünde zudem im Widerspruch zum Sozialrecht, weil der Verlobten dann sozialrechtlich ein höherer Anteil des Einkommens des Klägers zugerechnet würde als dieser wegen der Opfergrenze abziehen könnte. Ein derartiger Widerspruch ist nicht hinnehmbar.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.10.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-10-21)