Steuerrechtsurteile

Auch grenzüberschreitende Spenden müssen als Sonderausgaben abziehbar sein



Der Sonderausgabenabzug für Spenden an gemeinnützige Einrichtungen gemäß § 10b Abs.1 EStG muss nach Auffassung des EuGH-Generalanwalts auch dann eingreifen, wenn ein deutscher Staatsangehöriger einer gemeinnützigen Einrichtung in einem anderen EU-Mitgliedstaat etwas spendet. Die ungünstigere Behandlung grenzüberschreitender Spenden stelle eine ungerechtfertigte Beschränkung des Kapitalverkehrs dar, so der Generalanwalt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist deutscher Staatsangehöriger. Er hatte im Streitjahr 2003 Sachspenden im Wert von 18.180 Euro an ein in Portugal ansässiges, als gemeinnützig anerkanntes Senioren- und Kinderheim geleistet. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte er einen Sonderausgabenabzug für diese Spende. Das Finanzamt lehnte den Steuerabzug mit der Begründung ab, dass der Spendenempfänger nicht in Deutschland ansässig sei.

Auf seine hiergegen gerichtete Klage setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob auch Sachspenden vom Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst seien und für grenzüberschreitende Spenden dieselben Steuervergünstigungen gelten müssten wie für Spenden an inländische Einrichtungen. Der EuGH-Generalanwalt hat dem EuGH vorgeschlagen, die Vorlagefragen zu bejahen.


Die Gründe:
Ein genereller Ausschluss des Steuerabzugs für grenzüberschreitende Sachspenden verletzt die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 56 Abs.1 EG.


Auch eine Sachspende fällt in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit. Sie stellt lediglich eine von mehreren möglichen Leistungsmodalitäten dar und steht insoweit Geldspenden gleich. Die derzeit in Deutschland praktizierte ungünstigere Behandlung von grenzüberschreitenden Spenden kann Menschen davon abhalten, solche Spenden zu leisten, und beschränkt deshalb die Kapitalverkehrsfreiheit.


Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ist zumindest dann nicht gerechtfertigt, wenn



  • die begünstigte ausländische Einrichtung die Förderung von Allgemeininteressen zum Zweck hat, die mit den in § 10b Abs.1 EStG als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung genannten Interessen übereinstimmt

  • und die Einrichtung auch die übrigen nach § 10b Abs.1 EStG für inländische Einrichtungen geltenden Voraussetzungen erfüllt.

Ist dies der Fall, so kann die Versagung der Steuerbegünstigung auch nicht mit dem Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten, gerechtfertigt werden. Diesem Erfordernis kann bereits dadurch Rechnung getragen werden, dass der Spender Belege vorlegen muss, anhand deren die deutschen Finanzämter prüfen können, ob die für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Soweit die Beschaffung derartiger Beweise auf Schwierigkeiten stößt, ist das Finanzamt allerdings gehalten, zu versuchen, sich die Beweise im Wege der Amtshilfe oder im Rahmen der Anwendung bilateraler Steuerabkommen zu beschaffen.


Hinweis:
Der Vorschlag des Generalanwalts ist für den EuGH nicht bindend. In den meisten Fällen folgt der Gerichtshof allerdings diesem Vorschlag.


Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht.  Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.




EuGH PM Nr.69 vom 14.10.2008


(Meldung vom 2008-10-15)