Steuerrechtsurteile

Zur Vermeidung der Milchabgabe durch kurzfristige Verpachtung der Kuhherde



Grundsätzlich können Landwirte ihre Ställe samt Kuhmilchherden an andere Landwirte verpachten, um die in den Staaten der EU festgelegte Milch-Referenzmenge zu unterschreiten. Nach Ansicht des BFH ist es allerdings zweifelhaft, ob einem Pächter die auf einem Hof erzeugte Milch als eigene Milcherzeugung zugerechnet werden kann, wenn er Stall und Herde nur kurzzeitig gepachtet hat und nicht das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung trägt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Milcherzeuger. Er hatte in sieben aufeinanderfolgenden Jahren für jeweils einen bis drei Monate seinen Stall beziehungsweise seine Kuhherde an zwei andere, weit entfernt lebende Bauern verpachtet, die selbst keine Milchwirtschaft betreiben. Nach den Verträgen sollte der Kläger die Kuhherde weiterhin betreuen.

Hintergrund dieses Vertrags war, dass der Kläger die so genannte Milch-Referenzmenge überschritten hatte. Landwirte in der EU werden mit einer hohen Abgabe belegt, wenn sie in einem Jahreszeitraum (dem so genannten Milchwirtschaftsjahr) insgesamt mehr Milch an ihre Molkerei liefern, als der ihrem Betrieb staatlich zugeteilten Referenzmenge entspricht. Diese Menge kann nur durch Zukauf von weiteren Produktionsrechten vergrößert werden. Fehlt dem Landwirt dafür die Kapitalkraft oder will er eine vorübergehende Überproduktion abdecken, verpachtet er seine Kuhherde an einen Landwirt, der die Referenzmenge noch nicht erreicht hat.


Das Hauptzollamt erkannte die Pachtverträge des Klägers jedoch nicht an und rechnete dem Kläger die gelieferte Milch zu, den es wegen Überlieferung seiner betrieblichen Referenzmenge mit einer entsprechenden Abgabe belegt hat. Das Hauptzollamt vertrat die Auffassung, dass den Pächtern die Milchmenge nicht zuzurechnen sei, weil sie nicht das wirtschaftliche Risiko der Milchwirtschaft tragen würden. Die gegen den entsprechenden Bescheid gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg. Auf die Revision des Hauptzollamts hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Die Feststellungen des FG lassen noch keinen Schluss darauf zu, ob der Kläger der Erzeuger Milch ist.


Erzeuger im Sinne der maßgebenden EU-Verordnung ist derjenige, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines Mitgliedstaats bewirtschaftet und Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft oder an den Abnehmer liefert. Ob ein Pächter als Milcherzeuger angesehen werden kann, ist aufgrund einer Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse zu entscheiden.


Im Streitfall durfte das FG nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Pächter die Milcherzeuger sind. Denn das FG hat schon nicht geprüft, ob der Kläger mit den Pächtern überhaupt Geschäftsbesorgungsverträge geschlossen hat, ob diese eine die Erzeugerstellung des Klägers begründenden Inhalt hatten und die Verträge auch tatsächlich so durchgeführt worden sind. So ist es vorliegend zweifelhaft, ob den Pächtern die Milchwirtschaft zugerechnet werden kann, weil sie die Kuhherden nur für einen sehr kurzen Zeitraum im Jahr gepachtet hatten.


Wenn das FG zur Vertragsausgestaltung nähere Feststellungen getroffen hat, ist die Sache gegebenenfalls dem EuGH vorzulegen, damit dieser dazu Stellung nehmen kann, ob in Fällen wie dem vorliegenden eine „Umgehung“ der Referenzmenge erlaubt ist.


Linkhinweis:





Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.11.2007, Quelle: BFH PM Nr.101 vom 21.11.2007


(Meldung vom 2007-11-22)