Steuerrechtsurteile

Leitende Angestellte mit variablen Bezügen können Kosten aus Bewirtungen von Mitarbeitern steuerlich nicht absetzen



Bewirtet ein leitender Arbeitnehmer mit variablen Bezügen seine Arbeitskollegen, insbesondere ihm unterstellte Mitarbeiter, so unterliegen die Bewirtungsaufwendungen nicht der Abzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs.5 S.1 Nr.2 in Verbindung mit § 9 Abs.5 EStG. Der Begriff des "geschäftlichen Anlasses" ist nicht identisch mit demjenigen der "Veranlassung durch den Betrieb" oder der "betrieblichen Veranlassung", sondern ein spezifizierter Unterfall.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2000 als Chemiker bei einem Joint Venture Unternehmen der X-AG mit anderen Firmen angestellt. Er war leitender Arbeitnehmer. Die Gesamtvergütung des Klägers setzte sich aus einem festen Bestandteil und einer variablen Vergütung zusammen, deren Grundlage eine Vereinbarung "Vertragsstufen und Bonussystem" war. Die variablen Bezüge orientierten sich am Unternehmenserfolg sowie am Erreichen persönlich vereinbarter Ziele.

In seiner Einkommensteuer-Erklärung für 2000 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für verschiedene Bewirtungen als Werbungskosten geltend. Das beklagte Finanzamt versagte den Abzug.


Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Die Revision des Finanzamts ist begründet.


Werbungskosten sind § 9 Abs.1 S.1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Hierzu können gemäß § 9 Abs.5 EStG in Verbindung mit § 4 Abs.5 S.1 Nr.2 EStG auch Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers zählen, wenn sie beruflich veranlasst sind und es sich nicht um Aufwendungen für die Lebensführung im Sinn von § 12 Nr.1 S.2 EStG handelt.


Ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung von Aufwendungen zum beruflichen Bereich kann dabei der Umstand bilden, dass der Steuerpflichtige variable, vom Erfolg seiner Arbeit abhängige Entlohnung erhält. Denn in einem solchen Fall hat es ein Arbeitnehmer in größerem Umfang selbst in der Hand, die Höhe seiner Bezüge zu beeinflussen. Zu den sonstigen Umständen der verschiedenen Bewirtungen wird das FG hier weitergehende Feststellungen treffen müssen.


Sollte das FG im zweiten Rechtsgang erneut den beruflichen Bezug der streitbefangenen Bewirtungsaufwendungen bejahen, wird es zu beachten haben, dass die Vorschrift des § 4 Abs.5 S.1 Nr.2 EStG nach der Verweisungsnorm des § 9 Abs.5 EStG für Werbungskosten sinngemäß gilt. Insoweit weist der Senat auf Folgendes hin:


Der Begriff des "geschäftlichen Anlasses" ist nicht identisch mit demjenigen der "Veranlassung durch den Betrieb" gemäß § 4 Abs.4 EStG oder der "betrieblichen Veranlassung", sondern ein spezifizierter Unterfall. Denn nur die rein betriebsinterne Arbeitnehmerbewirtung unterliegt keiner Abzugsbeschränkung. Die Möglichkeit des unbeschränkten Abzugs über den Bereich der Arbeitnehmerbewirtung hinaus besteht bei der jetzigen Rechtslage nicht.


Für die in § 9 Abs. 5 EStG angeordnete sinngemäße Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG auf Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist der Begriff des "geschäftlichen Anlasses" auch nicht mit dem Definition der Werbungskosten gemäß § 9 Abs.1 S.1 EStG verwendeten Begriff der "beruflichen Veranlassung" identisch. Das hat für Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zur Folge, dass die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs.5 S.1 Nr.2 EStG auch nicht greift, wenn ein leitender Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt. Denn ein solcher Arbeitnehmer verhält sich insoweit wie ein bewirtender Arbeitgeber.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.10.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-10-07)