Steuerrechtsurteile

Spontanauskunft an türkische Steuerbehörden kann einstweilen untersagt werden



Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht hinreichend beurteilt werden, ob das Steuergeheimnis in der Türkei auch in jedem Einzelfall gewahrt ist. In einem solchen Fall muss im Hauptverfahren durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden, wie in der Türkei trotz einer legalen Auflockerung des Steuergeheimnisses die Vertraulichkeit erhaltener Informationen im Einzelfall gesichert ist.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte im Jahr 2000 mit einem öffentlichen Auftraggeber in der Türkei einen Vertrag zur Errichtung einer militärtechnischen Anlage abgeschlossen. In diesem Zusammenhang arbeitete die Antragstellerin mit zwei türkischen Beratungsunternehmen zusammen. Für ihre Beratungsleistungen zahlte die Antragstellerin den beiden Unternehmen Anfang 2001 Honorare in Höhe von 385.976 DM sowie 500.000 DM. Die Überweisung dieser Beträge erfolgte auf Wunsch der beiden Unternehmen jeweils auf deren Schweizer Konten.

Die Antragstellerin machte die Zahlungen als Betriebsausgaben geltend.


Im Rahmen einer bei der Antragstellerin durchgeführten Außenprüfung durch das Finanzamt kündigte die Behörde an, der türkischen Steuerverwaltung entsprechende Spontanauskünfte bezüglich der beiden Zahlungen übermitteln zu wollen. Das FG gab dem hiergegen gerichteten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz statt.


Die Gründe:
Die Antragstellerin hat gemäß § 1004 Abs.1 S.1 BGB analog in Verbindung mit § 30 AO einen Anspruch gegen den Antragsgegner, die beabsichtigte Auskunftserteilung einstweilig zu unterlassen.


Durch die Weiterleitung der Spontanauskünfte werden steuerliche Verhältnisse der Antragstellerin, nämlich die Zahlungen an die beiden türkischen Beratungsunternehmen, unbefugt offenbart, so dass die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch hat. Eine Duldungspflicht der Antragstellerin besteht nicht. Insbesondere hat sie es nicht analog § 1004 Abs.2 BGB zu dulden, dass der Antragsgegner die Informationen an die türkische Steuerbehörde weiterleitet. Die Antragstellerin ist insoweit durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO geschützt.


Zwar liegen die Voraussetzung des Art. 26 Abs.1 S.1 DBA-Türkei vor, wonach die ernste Möglichkeit besteht, dass der andere Vertragsstaat – die Türkei – abkommensrechtlich ein Besteuerungsrecht hat und ohne die Spontanauskunft von dem Gegenstand dieses Besteuerungsrecht keine Kenntnis erlangen würde. Allerdings sieht Art. 26 Abs.1 S.2 DBA-Türkei vor, dass alle nach Art. 26 Abs.1 S.1 DBA-Türkei ausgetauschten Informationen geheim zu halten sind und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen. Insofern hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass eine solche Geheimhaltung der an die türkischen Behörden weiterzuleitenden Informationen nicht gewährleistet ist.


Im Streitfall spricht ein nicht nur geringes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Vertraulichkeit der beabsichtigten Informationen in der Türkei nicht gewährleistet ist und das Recht der Antragstellerin auf Wahrung des Steuergeheimnisses irreversibel verletzt werden könnte. Eine abschließende Würdigung, inwieweit in der Türkei die Vertraulichkeit steuerlicher Informationen gesichert ist, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. In diesem Verfahren wird möglicherweise durch ein Sachverständigengutachten zu klären sein, wie in der Türkei trotz einer legalen Auflockerung des Steuergeheimnisses die Vertraulichkeit erhaltener Informationen im Einzelfall gesichert ist.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.09.2008, Quelle: FG Köln PM vom 18.09.2008


(Meldung vom 2008-09-19)