Steuerrechtsurteile

Dienstwagen-Besteuerung: Regelmäßige Fahrten zu einem Kunden des Arbeitgebers sind nicht steuerpflichtig



Unternimmt ein Arbeitnehmer mit seinem Dienstwagen, den er auch privat nutzen darf, Fahrten zu Kunden seines Arbeitgebers, so sind hierin keine steuerpflichtigen Fahrten zu mehreren Arbeitsstätten, sondern Dienstfahrten zu sehen. Die betriebliche Einrichtung eines Kunden stellt selbst dann keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinn von § 8 Abs.2 S.3 EStG dar, wenn der Arbeitnehmer bei dem Kunden längerfristig eingesetzt ist.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin bietet EDV-Systemberatungen an und befasst sich mit der Entwicklung von Software. Ihr Gesellschafter-Geschäftsführer G. führte im Streitjahr 2003 die Entwicklungsarbeiten in seinem Büro in A. durch und wies die drei Abnehmer der Software, die ihre Rechenzentren jeweils in B. haben, in deren Räumen in die von ihm entwickelten Programme ein. Dabei verbrachte er nahezu genauso viel Arbeitszeit bei den Kunden in B. wie in seinem Büro in A.

G. stand ein Dienstwagen zur Verfügung, den er auch für private Zwecke nutzen durfte. Die Klägerin erfasste den hiermit verbundenen geldwerten Vorteil nach der so genannten „Ein-Prozent-Regelung“ und führte dementsprechend Lohnsteuer ab. Die Fahrten des G. zwischen A. und B. ließ sie bei der Versteuerung unberücksichtigt.


Das Finanzamt folgte dem nicht und erhöhte den nach der „Ein-Prozent-Regelung“ ermittelten Wert gemäß § 8 Abs.2 S.3 EStG für jeden Monat um 0,03 Prozent des Listenpreises des Autos für jeden Kilometer der Entfernung zwischen der Wohnung des G. und den betrieblichen Einrichtungen der Kunden in B. Dies begründete es damit, dass die Fahrten zu den Rechenzentren in B. nicht als Dienstreisen, sondern als Fahrten zwischen der Wohnung und mehreren Arbeitsstätten im Sinn von § 8 Abs.2 S.3 EStG anzusehen seien.


Das FG wies die gegen den entsprechenden Haftungsbescheid gerichtete Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg.


Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des Finanzamts handelt es sich bei den Fahrten des G. zwischen seinem Büro in A. und den Rechenzentren in B. nicht um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Sinn von § 8 Abs.2 S.3 EStG. Die Fahrten haben nicht zu einem Lohnzufluss bei G. geführt, so dass die Klägerin diesbezüglich keine Lohnsteuer einbehalten musste.


Soweit ein Dienstwagen auch privat genutzt werden kann, liegt zwar grundsätzlich ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor, dessen Höhe pauschal nach der „Ein-Prozent-Regelung“ ermittelt werden kann und dessen Wert sich nach § 8 Abs.2 S.3 EStG für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte um 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zur Arbeitsstätte erhöht. Im Streitfall stellen die Rechenzentren der Kunden in B. aber keine (weiteren) regelmäßigen Arbeitsstätten des G. dar.


Ob eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, beurteilt sich nach denselben Grundsätzen, die nach § 9 Abs.1 S.3 Nr.4 EStG a.F. für den Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelten. Insoweit stellt nach der neueren Rechtsprechung des Senats nur eine dauerhafte betriebliche Arbeitsstätte des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer regelmäßig aufsucht, eine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Eine betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers kommt dagegen selbst dann nicht als regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht, wenn der Arbeitnehmer bei diesem Kunden längerfristig eingesetzt ist.


Grund für diese Differenzierung ist, dass eine Einschränkung des Werbungskostenabzugs für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Maßgabe der Entfernungspauschale nur bei einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten (regelmäßigen) Arbeitsstätte gerechtfertigt ist. Nur in diesem Fall kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken, etwa durch eine Verlegung eines Wohnsitzes. Diese Möglichkeit besteht nicht bei einem zwar längerfristigen, aber letztenendes nur vorübergehenden Einsatz bei einem Kunden des Arbeitgebers.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.09.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-09-17)