Steuerrechtsurteile

Auch Unterhaltszahlungen an Kind mit eigenem Immobilienbesitz können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein



Zahlen Eltern ihrem erwachsenem Kind, das nicht über hinreichendes eigenes Einkommen verfügt, Unterhalt, so können diese Zahlungen im Einzelfall auch dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn das Kind über eigenes Immobilienvermögen verfügt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Immobilie mit einem Nießbrauchsvorbehalt und einem Veräußerungsverbot belastet ist und der entsprechend zu mindernde Wert des Grundstücks daher lediglich ein "geringes Vermögen" im Sinn von § 33a Abs.1 S.3 EStG darstellt.

Der Sachverhalt:
Die erwachsene Tochter der Klägerin (T.) verfügte im Streitjahr 2000 unstreitig nicht über hinreichend eigenes Einkommen, um sich und ihre zwei Kinder zu unterhalten. Die Klägerin leistete deshalb monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.000 DM und zahlte außerdem die Zinsen und Tilgungsraten für Darlehensverbindlichkeiten für ein von T. erworbenes und komplett fremdfinanziertes Wohnhaus in Höhe von rund 350.000 DM. Zur Absicherung des Darlehens hatte sich die Bank in Höhe des Kaufpreises einen Grundschuld eintragen lassen.

Das Finanzamt lehnte es ab, diese Zahlungen bis zum gesetzlichen Höchstbetrag von 13.500 DM als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Dies begründete es damit, dass T. Miteigentümerin eines Mietwohngrundstücks sei. Das Grundstück sei zwar mit einem als Nießbrauch grundbuchlich gesicherten lebenslänglichen Wohnrecht der Klägerin belastet. Doch selbst nach Abzug der Nießbrauchsbelastung belaufe sich der Wert des Grundstücksanteils auf über 250.000 DM.


Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass das Miteigentümer der T. an dem Mietwohngrundstück derzeit quasi wertlos sei, weil neben dem Nießbrauch ein Veräußerungsverbot vereinbart worden sei. T. und ihre Rechtsnachfolger dürften danach den Grundbesitz ohne Zustimmung nicht belasten oder veräußern und auch keine Verpflichtung dazu eingehen.


Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob die Unterhaltszahlungen der Klägerin als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. § 33a Abs.1 EStG setzt insoweit voraus, dass der Steuerpflichtige Unterhaltsleistungen gegenüber einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erbringt, die kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Maßgeblich hierfür ist der Verkehrswert, der nach nicht zu beanstandender Verwaltungspraxis nicht über 30.000 DM beziehungsweise 15.500 Euro liegen darf.


Unter Vermögen im Sinn von § 33a Abs.1 EStG ist das Nettovermögen zu verstehen und damit der Wert der aktiven Vermögensgegenstände vermindert um die Schulden des Unterhaltsberechtigten. Daher ist im Streitfall das von T. erworbene und selbst bewohnte Haus nicht zu berücksichtigen, da das Wohneigentum in Höhe des Kaufpreises mit einer Grundschuld belastet ist.


Ob das Miteigentum der T. an dem Mietwohngrundstück mit mehr als 15.500 Euro zu bewerten ist, steht dagegen noch nicht fest. Entgegen der Auffassung des FG mindert nicht nur ein Vorbehaltsnießbrauch den Grundstückswert, sondern können alle Verfügungsbeschränkungen den Wert des Vermögens im Sinn von § 33a Abs.1 EStG reduzieren. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil beispielsweise ein "ewiges" Veräußerungsverbot zusammen mit einem "ewigen" Nießbrauchsvorbehalt zur Folge hat, dass ein Grundstück für den Eigentümer faktisch wertlos ist. In diesem Fall darf der Abzug von Unterhaltsaufwendungen nach dem Sinn und Zweck von § 33a Abs.1 EStG nicht versagt werden.


Dem steht nicht entgegen, dass Verfügungsbeschränkungen in anderen Bereichen - etwa nach dem BewG oder § 194 BauGB – teilweise unberücksichtigt bleiben. Die hier geregelten Fälle sind mit § 33a Abs.1 EStG nicht vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit besteht eher mit dem Arbeitslosengeld-II-Anspruch, der voraussetzt, dass der Lebensunterhalt nicht aus verwertbarem Vermögen gesichert werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn der Berechtigte nicht in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln herbeizuführen.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.09.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-09-09)