Steuerrechtsurteile

Finanzämter dürfen Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht kürzen



Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Arbeitnehmer-Pauschbetrags. Das gilt selbst dann, wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Erzielt ein Steuerpflichtiger (hier: ein Jurist) sowohl Einnahmen aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Tätigkeit, so kann er seine Aufwendungen allerdings nicht beliebig auf beide Einkunftsarten verteilen, um so den Abzugsbetrag zu maximieren.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Volljurist. Er war in den Streitjahren 1998 und 1999 als Assessor mit einem Jahresgehalt von rund 130.000 DM in einem Unternehmen angestellt. Daneben war er freiberuflich als Rechtsanwalt tätig und erzielte hieraus einen Gewinn von rund 27.000 DM im Jahr.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger keine Werbungskosten, aber einige Betriebsausgaben geltend, und zwar für die Anmietung eines Büroraums, Versicherungen, Beiträge, Gebühren, Kfz-Kosten, Bewirtungskosten, Porto, Telefon, Bürobedarf, Fachliteratur, Steuerberatungskosten und Bankgebühren.


Das Finanzamt erhöhte den Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit um 824 DM. Dies begründete es damit, dass die beiden Tätigkeiten des Klägers vergleichbar seien, so dass typische Aufwendungen wie etwa die Anschaffung von Fachliteratur nur einmal anfielen. Daher würde mit dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM eine zu hohe Summe als Werbungskosten berücksichtigt. Diese überhöhte Berücksichtigung von Werbungskosten könne rechnerisch durch Streichung von Betriebsausgaben in Höhe von 824 DM ausgeglichen werden.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH diese Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.


Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht lediglich Werbungskosten in Höhe von 1.176 DM bei den Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt. Nach § 9a S.1 Nr.1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM abzuziehen, wenn keine höheren Kosten nachgewiesen werden. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Regelung. Arbeitnehmer haben daher selbst dann einen Anspruch auf Ansatz des ungekürzten Pauschbetrags, wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind.


Es kann allerdings noch nicht abschließend entschieden werden, in welcher Höhe im Streitfall Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Möglicherweise stellen die geltend gemachten Betriebsausgaben teilweise Werbungskosten dar und können daher auch nur als solche berücksichtigt werden.


Grundsätzlich gilt, dass ein Steuerpflichtiger, der  sowohl Einnahmen aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Tätigkeit erzielt, seine Aufwendungen nicht beliebig der einen oder der anderen Einkunftsart zuordnen und so neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag alle nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen kann. Vielmehr sind die Kosten danach aufzuteilen, ob sie objektiv durch die eine oder die andere Tätigkeit veranlasst worden sind. Kommen die Aufwendungen beiden Bereichen zugute, muss der der jeweiligen Einkunftsart zuzuordnende Anteil geschätzt werden.


Das FG muss daher weitere Feststellungen zu den einzelnen als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen treffen, um entscheiden zu können, ob es sich jeweils um Werbungskosten, Betriebsausgaben oder Betriebsausgaben mit einem Werbungskostenanteil handelt. Dabei muss es berücksichtigen, dass die vom Kläger geltend gemachten Fahrtaufwendungen eindeutig mit seiner anwaltlichen Tätigkeit zusammenhängen. Auch die Aufwendungen für die anwaltliche Berufshaftpflicht und die Pflichtbeiträge zur Rechtsanwaltskammer stellen Betriebsausgaben dar, während etwa die Aufwendungen für Fachliteratur einen Werbungskostenanteil enthalten.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.09.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-09-04)