Steuerrechtsurteile

Steuerpflicht für Geldspielautomaten-Umsätze ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar



Es verstößt nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, dass Geldspielautomaten-Umsätze seit Inkrafttreten der Neufassung von § 4 Nr.9b UStG nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit sind. Zwar schreibt das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich eine Steuerbefreiung für Umsätze aus Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz vor, lässt aber ausdrücklich auch Ausnahmen von der Befreiung zu.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt eine Spielhalle mit Geldspielautomaten. Sie ist zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet. Mit ihrer Klage wandte sie sich gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Januar 2007.

Die Klägerin machte geltend, dass die zum 6.5.2006 in Kraft getretene Neufassung von § 4 Nr.9b UStG gegen das EU-Recht verstoße. Denn nach Art. 135 Abs.1i MwStSystRL müssten Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele ausnahmslos von der Umsatzsteuer befreit werden. Im Übrigen müsse die Umsatzsteuer grundsätzlich auf den Endverbraucher abwälzbar sein. Diese Voraussetzung sei bei der Besteuerung von Glücksspieleinnahmen nicht erfüllt, da die Spielverordnung dem Veranstalter vorschreibe, dass ein Spiel 0,20 Euro kosten müsse.

Das FG wies die Klage ab, ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache allerdings die Revision zu.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Einnahmen der Klägerin aus dem Betrieb der Geldspielautomaten zu Recht gemäß § 4 Nr.9b UStG der Umsatzsteuer unterworfen. Diese Vorschrift verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen das Gemeinschaftsrecht. Art. 135 Abs.1i MwStSystRL (zuvor: Art. 13 B f) 6. EG-RL) schreibt zwar grundsätzlich eine Umsatzsteuerbefreiung für Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele vor. Dies gilt aber ausdrücklich nur unter den Bedingungen und Beschränkungen, die die Mitgliedstaaten festlegen, mit der Folge, dass auch Ausnahmen von der grundsätzlichen Steuerbefreiung zulässig sind.


Art. 135 Abs.1i MwStSystRL ist dahingehend auszulegen, dass das Merkmal „Glücksspiele mit Geldeinsatz“ als Oberbegriff für sämtliche Formen des Glücksspiels und damit auch für Wetten und Lotterien zu verstehen ist. Daher ist es gemeinschaftsrechtskonform, wenn ein Mitgliedstaat – im Rahmen der zulässigen Bedingungen und Beschränkungen - eine bestimmte Form des Glücksspiels von jeglicher Steuerbefreiung ausnimmt.


Für diese Auslegung spricht auch, dass nach der Zielsetzung der MwStSystRL grundsätzlich alle unternehmerisch erbrachten Leistungen der Umsatzbesteuerung unterliegen sollen. Ausnahmen hiervon bedürfen jeweils einer besonderen Rechtfertigung. Hieran fehlt es im Fall von Geldspielautomaten. Denn während der Grund für die regelmäßig Steuerbefreiung von Glücksspielen ursprünglich vor allem im Tatsächlichen begründet war, sind heute keine erheblichen praktischen Probleme der Automatenaufsteller bei der Erhebung der Umsatzsteuer mehr ersichtlich.


Auch der Hinweis der Klägerin auf die Höchsteinsatzbegrenzung von 0,20 Euro je Spiel rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar können private Geldspielautomatenbetreiber aufgrund dieser Begrenzung nicht jede Umsatzsteuererhöhung auf ihre Kunden abwälzen. Dieses Problem kann aber nur durch eine Änderung der Spielverordnung in Form einer Anhebung der Höchsteinsatzbegrenzung gelöst werden. Dabei ist auch zu beachten, dass die Begrenzung ausschließlich gewerberechtliche und ordnungspolitische Gründe hat und ihr keine umsatzsteuerrechtliche Zielrichtung zukommt.


Der Hintergrund:
Der BFH hat am 9.8.2007 (Az.: V B 96/07) entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob der generelle Ausschluss der Steuerbefreiung für Umsätze aus Geldspielautomaten mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, und deshalb einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids bis zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage stattgegeben.


Linkhinweise:





Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 22.11.2007; Quelle: Niedersächsisches FG PM vom 20.11.2007


(Meldung vom 2007-11-22)