Steuerrechtsurteile

Finanzamt darf Zinseinkünfte bei Barabhebungen und ungeklärter Verwendung schätzen



Das Finanzamt ist berechtigt, Einkünfte aus Kapitalvermögen auf dem Schätzungsweg zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft verweigert. Hinzukommen müssen jedoch weitere Umstände, die es nahe legen, davon auszugehen, dass derartige Beträge tatsächlich zinsbringend angelegt worden sind.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in den Streitjahren in nicht unerheblichem Umfang Wertpapiergeschäfte getätigt, die er teilweise durch Darlehen, teilweise durch Eigenmittel finanzierte. Infolge einer Betriebsprüfung wurde bekannt, dass er innerhalb von drei Monaten Barbeträge von insgesamt 732.000 DM abgehoben hatte. Der Kläger trug vor, er habe die Abhebungen wegen eines Geschäfts getätigt, das letztlich nicht zustande gekommen sei. Daraufhin sei das Geld im eigenen Haus aufbewahrt und anschließend im Zeitraum von 1999 bis 2001 für besondere Zwecke ausgegeben worden.

Der Kläger legte eine handschriftliche Auflistung der Ausgaben vor. Der Betriebsprüfer fand in den vom Kläger übergebenen Unterlagen aber nur Belege über Kosten der privaten Lebensführung der letzten zehn Jahre und keinerlei Belege, die auf die aufgelisteten Ausgaben schließen ließen. Zudem konnte der Kläger gegenüber dem Prüfer nicht den genauen Aufbewahrungsort der 732.000 DM benennen. Der Betriebsprüfer zog daraus den Schluss, dass die Geldmittel in eine nicht benannte Kapitalanlage investiert worden seien, und schätzte den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre Einkünfte aus Kapitalvermögen hinzu.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.


Die Gründe:
Die Klage ist nicht begründet.


Das Finanzamt ist im Schätzungsweg zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sein Bargeldvermögen verzinslich angelegt und damit dem Grunde nach Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat. Diese Schlussfolgerung durfte das Finanzamt ziehen, obwohl die Anlage der Gelder nicht aufgeklärt werden konnte. Denn die Ungewissheit beruhte allein darauf, dass der Kläger die ihm obliegenden außergerichtlichen und gerichtlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat.


Gemäß § 162 Abs.2 AO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft verweigert. Eine Schätzung setzt gemäß § 96 Abs.1 S.1 2.Hs. FGO in Verbindung mit § 162 Abs.1 AO voraus, dass die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt oder nicht berechnet werden können. In diesem Fall reduziert sich die Ermittlungspflicht der Behörde und des Gerichts entsprechend. Hinzukommen müssen allerdings weitere Umstände, die es nahe legen, davon auszugehen, dass derartige Beträge tatsächlich zinsbringend angelegt worden sind.


Der Kläger hat keine konkreten und nachprüfbaren Tatsachen benannt, anhand derer sich seine Behauptungen nachvollziehen lassen. Zudem spricht gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, dass während der Betriebsprüfung zwar alte Unterlagen über Lebenshaltungskosten gefunden worden sind, aber keine Belege über außergewöhnliche Auslagen, und das, obwohl der Kläger in derartigen Angelegenheiten nicht unerfahren war. Es erscheint auch widersprüchlich, wenn jemand einerseits für Wertpapiergeschäfte Kredite aufnimmt, andererseits aber vorhandenes Barvermögen für eine großzügige Haushaltsführung verwendet haben will.




Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.09.2008, Quelle: FG Düsseldorf PM vom 21.08.2008


(Meldung vom 2008-09-01)