Steuerrechtsurteile

Elektronische Buchführung: Finanzämter dürfen auf sämtliche Konten der Finanzbuchhaltung zugreifen



Das Datenzugriffsrecht des Finanzamts aus § 147 Abs.6 AO erstreckt sich auf sämtliche Konten der Finanzbuchhaltung. Der Steuerpflichtige ist daher nicht berechtigt, einzelne Konten vor dem Zugriff der Prüfer zu sperren. Er muss außerdem die in elektronischen Formaten gespeicherten Ein- und Ausgangsrechnungen über sein Computersystem per Bildschirm lesbar machen und kann diese Verpflichtung nicht durch das Angebot des Ausdruckens auf Papier abwenden.

Der Sachverhalt:
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die ihre handelsrechtliche Finanzbuchhaltung über ein elektronisches Datenverarbeitungssystem abwickelt, ohne über eine eigenständige steuerliche Buchführung zu verfügen. Seit Juli 2001 scannt sie sämtliche Rechnungen zusammen mit den steuerlich nicht relevanten Unterlagen ein, erzeugt hieraus pdf- oder tif-Dateien und vernichtet anschließend die Originale.

Das Finanzamt (Antragsgegner) ordnete im Juli 2005 eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2001 bis 2003 an.


Als die Prüfer Einsicht in die elektronischen Dokumente nehmen wollten, stellten sie fest, dass bestimmte Einzelkonten der EDV-gestützten Finanzbuchhaltung gegen ihren Zugriff gesperrt waren. Die Antragstellerin rechtfertigte dies damit, dass eine Prüfung dieser Konten nicht erforderlich sei, weil diese allenfalls zur Festsetzung einer niedrigeren Steuer führen könnten. Außerdem weigerte sie sich, in elektronischen Formaten gespeicherte Ein- und Ausgangsrechnungen über ihr EDV-System lesbar zu machen und bot stattdessen den Ausdruck auf Papier an.


Daraufhin verpflichtete das Finanzamt die Antragstellerin, ihm Zugriff auch auf die gesperrten Konten zu ermöglichen und alle gespeicherten Rechnungen lesbar zu machen. Die Antragstellerin legte hiergegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Anordnung. Hiermit hatte sie sowohl vor dem FG als auch vor dem BFH keinen Erfolg.


Die Gründe:
Der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht einstweilig aufzuheben, da kein ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Die Antragstellerin ist verpflichtet, dem Finanzamt das Lesen der eingescannten Ein- und Ausgangsrechnungen über ihr Computersystem per Bildschirm zu gestatten und darf auch den Zugriff auf bestimmte Einzelkonten, die ihrer Auffassung nach nur das handelsrechtliche Ergebnis und nicht die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflussen, nicht verweigern.


Das von der Antragstellerin praktizierte Einscannen der Originale und Abspeichern als pdf- oder tif-Dateien ist allerdings eine zulässige Form der Aufbewahrung. Zwar mögen derartige graphische Dateien zur Weiterverarbeitung in elektronischen Buchführungssystemen grundsätzlich nicht geeignet sein. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die in Papierform erstellten Originale der Rechnungen ebenfalls nicht zur maschinellen Weiterverarbeitung geeignet sind und der Steuerpflichtige nicht verpflichtet ist, bei der Archivierung auf einen Datenträger eine höhere Datenverarbeitungsfähigkeit herzustellen als beim Original.


Die Antragstellerin muss den Prüfern die in elektronischen Formaten gespeicherten Rechnungen aber mit Hilfe ihres EDV-Systems über Bildschirm lesbar machen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann die Lesbarmachung gemäß § 147 Abs.5 1.Hs. AO nicht alternativ durch Ausdrucken der Unterlagen erfolgen. Nach dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift wird das Ausdrucken lediglich als zusätzliche Pflicht des Steuerpflichtigen behandelt, der er auf Verlangen der Behörde nachkommen muss.


Die Antragstellerin muss dem Finanzamt zudem Zugriff auf sämtliche Konten der Finanzbuchhaltung ermöglichen und darf nicht einzelne Konten vor dem Zugriff der Prüfer sperren. Es steht nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, dem Finanzamt nur ein Zugriffsrecht auf solche Konten einzuräumen, die seiner Auffassung nach zu einer Steuererhöhung führen können. Im Übrigen steht es im Streitfall auch nicht hundertprozentig fest, dass die Einsichtnahme in die gesperrten Konten sich nur zuungunsten der Antragstellerin auswirken kann.


Linkhinweis:



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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.11.2007, Quelle: BFH PM Nr.99 vom 21.11.2007


(Meldung vom 2007-11-21)