Steuerrechtsurteile

Finanzämter müssen bei Anfangsverdacht einer Korruptionstat die Staatsanwaltschaft informieren



Die Finanzämter müssen Tatsachen, die den Anfangsverdacht einer rechtswidrigen Schmiergeldzahlung begründen, der Staatsanwaltschaft mitteilen. Das gilt auch, wenn die etwaige Straftat offensichtlich verjährt ist oder Verwertungsverbote bestehen. Die Prüfung, ob tatsachlich eine Strafverfolgung einzuleiten ist, obliegt allein der Staatsanwaltschaft.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist ein produzierendes Unternehmen. Sie zahlte in den Streitjahren 1995 bis 2002 an den Einkäufer eines wichtigen Kunden zehn Prozent des Wertes der bestellten Waren, um weiterhin die bevorzugte Berücksichtigung als Lieferantin des Kunden sicherzustellen.

Anlässlich einer im Jahr 2006 durchgeführten Betriebsprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Zahlungen den Tatbestand einer Korruptionstat im Sinn von § 299 Abs.2 StGB erfüllen könnten. Es beabsichtigt daher, die Erkenntnisse über diese Zahlungen an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Dies wollte die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verhindern. Sie machte geltend, dass die Straftaten bereits verjährt seien. Außerdem dürften die in der Betriebsprüfung gewonnenen Erkenntnisse mangels entsprechender Belehrung nicht strafrechtlich verwertet werden.


Das FG wies den Antrag als unbegründet zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin blieb ebenfalls ohne Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt ist nicht nur berechtigt, sondern nach § 4 Abs.5 Nr.10 S.3 EStG sogar verpflichtet, seine im Rahmen der Betriebsprüfung gewonnenen Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.


Nach § 4 Abs.5 Nr.10 S.3 EStG muss das Finanzamt Tatsachen, die den Verdacht einer Korruptionstat begründen, an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Da die Staatsanwaltschaft sodann prüfen muss, ob der für die Einleitung eines Strafverfahrens erforderliche Anfangsverdacht vorliegt, reicht auch für die Mitteilungspflicht aus § 4 Abs.5 Nr.10 S.3 EStG ein Anfangsverdacht aus. Es müssen daher zutreffende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Korruptionstat vorliegen.


Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Antragstellerin hat unstreitig den Mitarbeiter eines Kunden „geschmiert“, um weiterhin bevorzugt als Lieferantin berücksichtigt zu werden. Hieraus ergeben sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer rechtswidrigen Zuwendung von Vorteilen im Geschäftsverkehr gemäß § 299 Abs.2 StGB.


Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es für die Mitteilungspflicht des Finanzamts unerheblich, ob die etwaige Straftat möglicherweise schon verjährt ist oder ein Verwertungsverbot besteht. § 4 Abs.5 Nr.10 S.3 EStG erlaubt dem Finanzamt keine selbständige Prüfung, ob eine strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft überhaupt in Betracht kommt. Diese Prüfung obliegt vielmehr allein der Staatsanwaltschaft als „Herrin über das Ermittlungsverfahren“.


Selbst bei einem offensichtlich verjährten Fall stellt die Mitteilung des Finanzamts an die Staatsanwaltschaft keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Steuerpflichtigen auf informationelle Selbstbestimmung dar. Denn in einem solchen Fall hat dieser keine Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu befürchten.


Linkhinweis:



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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.08.2008, Quelle: BFH PM Nr.79 vom 27.08.2008


(Meldung vom 2008-08-27)