Steuerrechtsurteile

Aufwendungen als Betreuer eines Familienangehörigen sind regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig



Wer eine Betreuung für einen Familienangehörigen übernehmen will, kann die hiermit zusammenhängenden Aufwendungen regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung abziehen. Es fehlt insoweit an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, da Angehörige nicht rechtlich und zumeist auch nicht sittlich zur Übernahme dieses Ehrenamts verpflichtet sind. Außerdem können Betreuer grundsätzlich nach zivilrechtlichen Vorschriften Ersatz für ihre Aufwendungen verlangen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hat mehrere Geschwister und wohnt am weitesten vom Wohnsitz der Familie weg. Einer seiner Brüder hatte beim Vormundschaftsgericht angeregt, für den Vater einen Betreuer zu bestellen, es dann aber abgelehnt, das Amt des Betreuers zu übernehmen. Daraufhin wollte der Kläger die Betreuung übernehmen und sich um die Unterbringung seines Vaters in einem Pflegeheim kümmern. Zur Bestellung des Klägers als Betreuer kam es allerdings nicht mehr, weil der Vater vorher verstarb.

Mit seiner Steuererklärung für 2003 machte der Kläger Fahrt- und Telefonkosten im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Betreuung in Höhe von rund 1.600 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ab. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass er aufgrund der Geschäftsunfähigkeit seines Vaters zur Übernahme der Betreuung verpflichtet gewesen sei. Die in diesem Zusammenhang angefallenen Aufwendungen seien daher zwangsläufig gewesen.


Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.


Die Gründe:
Die im Zusammenhang mit dem beim Vormundschaftsgericht anhängigen Betreuungsverfahren entstandenen Fahrtaufwendungen und Telefonkosten des Klägers sind nicht gemäß § 33 Abs.1 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar.


Außergewöhnliche Belastungen liegen nur vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands. An einer solchen Zwangsläufigkeit fehlt es hier, da der Kläger weder rechtlich noch sittlich zur Übernahme der Betreuung verpflichtet war.


Die Übernahme einer Betreuung für einen Familienangehörigen stellt ein freiwilliges Ehrenamt dar. Nach § 1898 Abs.1 BGB ist die vom Vormundschaftsgericht ausgewählte Person zwar verpflichtet, die Betreuung zu übernehmen, wenn sie hierzu geeignet ist und ihr die Übernahme der Betreuung zugemutet werden kann. Der Gesetzgeber hat diese Verpflichtung aber ausdrücklich als sanktionslose Rechtspflicht eingeführt. So darf der Ausgewählte nach § 1898 Abs.2 BGB erst dann zum Betreuer bestellt werden, wenn er sich zur Übernahme der Betreuung bereit erklärt hat.


Der Kläger war auch nicht sittlich zur Übernahme der Betreuung verpflichtet. Eine Handlungspflicht aus sittlichen Gründen setzt voraus, dass das Umfeld oder die Gesellschaft ein bestimmtes Tun ähnlich einem Rechtszwang erwartet und der Betroffene bei einer Weigerung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene befürchten muss. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, welche nachteiligen Folgen eine Weigerung des Klägers hätte haben können, zumal auch seine Geschwister nicht zur Übernahme der Betreuung bereit waren und der Kläger am weitesten entfernt wohnte.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.08.2008, Quelle: FG Berlin-Brandenburg PM vom 22.08.2008


(Meldung vom 2008-08-22)