Steuerrechtsurteile

Kirchensteuer: Finanzämter müssen Verlustvorträge auf Veräußerungsgewinne nicht vollständig berücksichtigen



Die Kirchensteuergesetze der Länder (hier: Hessen) können festlegen, dass - anders als bei der Einkommensteuer - ein Verlustvortrag aus früheren Jahren bei der Berechnung der Kirchensteuer auf Einnahmen aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht vollständig berücksichtigt wird. Hierin liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerungsgleichheit. Dieser Grundsatz hindert den Gesetzgeber nicht, Kirchen- und Einkommenssteuer unterschiedlich zu regeln.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Streitjahr 2003 Mitglied der Evangelischen Kirche in Hessen. Sie erzielte in diesem Jahr erhebliche Gewinne aus dem Verkauf von Aktien, die nach dem Halbeinkünfteverfahren nur zur Hälfte einkommensteuerpflichtig waren. Aus früheren Jahren bestand noch ein Verlustvortrag aus Veräußerungsverlusten, der den im Streitjahr erzielten Gewinn deutlich überstieg.

Das Finanzamt verrechnete die Verluste mit der einkommensteuerpflichtigen Hälfte der im Streitjahr erzielten Gewinne. Da die übrigen Einnahmen der Klägerin den Freibetrag nicht überschritten, setzte es für das Streitjahr keine Einkommensteuer fest.


Eine weitere Verrechnung des Verlustvortrags mit der für die Kirchensteuerberechnung einzubeziehenden zweiten Hälfte der Einnahmen aus privaten Veräußerungsgeschäften lehnte das Finanzamt jedoch unter Berufung auf § 2 Abs.2 des hessischen Kirchensteuergesetzes in Verbindung mit § 51a Abs.2 S.2 EStG ab und setzte deshalb Kirchensteuern von über 4.000 Euro fest. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat eine Berücksichtigung des Verlustvortrags im Rahmen der Kirchensteuer-Berechnung zu Recht unter Berufung auf § 2 Abs.2 des hessischen Kirchensteuergesetzes in Verbindung mit § 51a Abs.2 S.2 EStG abgelehnt. Hiernach ist für die Berechnung der Kirchensteuer der nicht besteuerte Gewinnanteil wieder hinzuzurechnen und der Verlustvortrags insoweit außer Betracht zu lassen. Diese Regelung verstößt nicht gegen Bundesrecht.


Die Nichtanrechnung der Verlustvorträge verstößt insbesondere nicht gegen den sich aus Art. 3 Abs.1 GG ergebenden Grundsatz der Besteuerungsgleichheit. Dieser Grundsatz hindert den Gesetzgeber nicht, für die Kirchensteuer und die Einkommenssteuer unterschiedliche Regelungen zu treffen. Auch das Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums sowie das Gebot des Abzugs mit der Einkunftserzielung unmittelbar zusammenhängender Aufwendungen zwingen nicht dazu, dem Steuerpflichtigen die Nutzung von Verlustvorträgen aus früheren Steuerjahren bei der Bemessung der Kirchensteuer auf Veräußerungsgewinne zu ermöglichen.


§ 51a Abs.2 S.2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung hat das Ziel verfolgt, die durch das Halbeinkünfteverfahren entstehenden Kirchensteuerverluste durch ein möglichst einfaches Verfahren auszugleichen und die Notwendigkeit einer gesonderten „Schattenveranlagung“ für diese Steuer zu vermeiden. Dies ist ein ausreichender sachlicher Grund für die teilweise Nichtberücksichtigung des Verlustvortrags bei der Kirchensteuer. Es liegt auch keine Verletzung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs.1 GG vor. Die Möglichkeit, Verluste auch nach ihrem Entstehungsjahr steuerlich ausgleichen zu können, stellt keine grundgesetzlich geschützte Vermögensposition dar.


Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BVerwG veröffentlicht.




Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.08.2008, Quelle: BVerwG PM Nr.53 vom 20.08.2008


(Meldung vom 2008-08-21)