Steuerrechtsurteile

Bauabzugsteuer verstößt möglicherweise gegen Europarecht



Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die so genannte Bauabzugsteuer gemäß §§ 48 ff. EStG mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Hierin liegt möglicherweise eine nach Art. 49, 50 EG-Vertrag unzulässige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs, da mit der EG-Beitreibungsrichtlinie bereits ein hinreichendes Mittel zur Sicherstellung der Besteuerung von im Ausland ansässigen Bauunternehmern besteht.

Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte Bauleistungen in Auftrag gegeben und von dem Rechnungsbetrag entgegen den §§ 48 ff. EStG keinen Steuerabzug in Höhe von 15 Prozent einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, obwohl der Bauunternehmer ihm keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt hatte. Das Finanzamt nahm deshalb den Antragsteller auf Zahlung der Bauabzugsteuer in Anspruch und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid.

Im vorliegenden Verfahren begehrte der Antragsteller die einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids. Das FG gab dem Antrag statt, ließ allerdings die Beschwerde zum BFH zu.


Die Gründe:
Die Vollziehung des Haftungsbescheids ist bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, da ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Die Zweifel ergeben sich daraus, dass die dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Regelung der Bauabzugsteuer in den §§ 48 ff. EStG möglicherweise gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstößt.


Die Bauabzugsteuer gemäß §§ 48 ff. EStG soll sicherstellen, dass Bauleistungen ordnungsgemäß besteuert werden. Dies geschieht dadurch, dass Unternehmer im Sinne von § 2 UStG oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Bauleistungen in Auftrag geben, von dem vom Bauunternehmer in Rechnung gestellten Betrag pauschal 15 Prozent abziehen und diese Summe an das Finanzamt abführen müssen, wenn der Bauunternehmer keine gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegt hat. Verstößt der Auftraggeber gegen diese Verpflichtung, so haftet er selbst gegenüber dem Finanzamt für den nicht oder zu niedrig einbehaltenen Betrag.


Diese Regelung stellt möglicherweise eine nach Art. 49, 50 EG-Vertrag unzulässige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Denn mit der EG-Beitreibungsrichtlinie besteht bereits ein hinreichendes Mittel zur Sicherung der Besteuerung von außerhalb des Besteuerungsstaats ansässigen Personen.


Die Beschwerde zum BFH war zuzulassen, da der BFH mit Beschluss vom 29.11.2007 (Az.: I B 181/07) bei der vergleichbaren Problematik des Steuerabzugs bei Leistungen ausländischer Künstler einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht noch verneint hatte. Der BFH hatte dabei die Auffassung vertreten, dass die in der EG-Beitreibungsrichtlinie vorgesehene zwischenstaatliche Amtshilfe gegenwärtig noch unzulänglich und nicht geeignet sei, die Effizienz des deutschen Abzugssystems zu ersetzen.


Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des BFH veröffentlichten Beschluss vom 29.11.2007 (Az.: I B 181/07) klicken Sie bitte hier.




Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.08.2008, Quelle: FG Berlin-Brandenburg PM vom 12.08.2008


(Meldung vom 2008-08-15)