Steuerrechtsurteile

Kleinunternehmenbegünstigung: Neue Unternehmen sind nicht an überoptimistische Umsatzprognose gebunden



Neu gegründete Unternehmen müssen gemäß § 19 UStG keine Umsatzsteuer zahlen, wenn der Umsatz des Erstjahres voraussichtlich 17.500 Euro nicht übersteigt. Der Unternehmer ist an seine diesbezügliche Prognose zwar grundsätzlich gebunden. Prognostiziert er bei einer Neugründung aber fälschlich einen viel zu hohen Umsatz, so kann er sich auch noch nachträglich für die Kleinunternehmerbegünstigung gemäß § 19 UStG entscheiden.

Der Sachverhalt:
Der Kläger eröffnete Anfang 2006 einen Gewerbebetrieb und schätzte seinen Gesamtumsatz gegenüber dem Finanzamt im Jahr 2006 auf 45.000 Euro und im Jahr 2007 auf 50.000 Euro. Grundlage hierfür war ein Businessplan, den er hatte erstellen lassen, um von der Bundesagentur für Arbeit entsprechende Förderungen für Existenzgründer zu erhalten.

Tatsächlich betrug der Umsatz des Klägers im Jahr 2006 nur 13.315 Euro. Der Kläger beantragte deshalb, gemäß § 19 UStG von der Erhebung der Umsatzsteuer abzusehen. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil der Kläger an seine ursprüngliche Prognose gebunden sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs.1 UStG zu Unrecht abgelehnt.


Nach § 19 Abs.1 UStG wird Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich Steuern im vorangegangenen Jahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Bei Neugründungen von Unternehmen darf nach dem Sinn und Zweck der Regelung der voraussichtliche Umsatz des Erstjahres 17.500 Euro nicht überschreiten.


Der voraussichtliche Umsatz des Erstjahres betrug im Streitfall nach der Schätzung des Klägers zwar 45.000 Euro und der Unternehmer ist grundsätzlich an seine Umsatzprognose gebunden. Das gilt allerdings nur, wenn der Prognose realistische Erwartungen zugrunde lagen. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Prognose des Klägers war objektiv unrichtig und basierte auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen, wie schon die große Diskrepanz zwischen dem prognostizierten und dem tatsächlichen Umsatz zeigt.


Weiterer Anhaltspunkt für eine überoptimistische Planung ist, dass Anlass der Erstellung des Businessplans die geplante Selbständigkeit des Klägers war, um aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen, und der Kläger in den ersten sechs Monaten seiner Selbständigkeit einen Lebensunterhaltszuschuss vom Arbeitsamt erhielt. Außerdem hat der Kläger von Anfang keine Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erteilt, was dafür spricht, dass er tatsächlich nicht damit rechnete, Umsätze in der im Businessplan genannten Höhe zu erzielen.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.07.2008, Quelle: FG Düsseldorf online


(Meldung vom 2008-07-31)