Steuerrechtsurteile

"Unentgeltliche Zuwendung" verlangt zielgerichteten Vermögensvorteil beim Empfänger



Der Begriff "unentgeltliche Zuwendung" im Sinn von § 3 Abs.1b S.1 Nr.3 UStG 1999 setzt nicht lediglich die Unentgeltlichkeit einer Lieferung voraus, sondern verlangt darüber hinaus, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft. Ein solcher Vermögensvorteil liegt beispielsweise vor, wenn ein Unternehmer der Bundesrepublik Deutschland, auf eigene Kosten auf deren Grundbesitz ein Straßenbauwerk (hier: Kreisverkehr) errichtet.

Der Sachverhalt:
Der Kläger errichtete im Streitjahr 1999 ein Restaurantgebäude mit Tankstelle auf seinem in der Nähe einer Autobahnanschlussstelle gelegenen Grundstück. Das Restaurantgebäude vermietete er ab Fertigstellung umsatzsteuerpflichtig an eine Restaurantbetriebsgesellschaft. Ebenso vermietete er die Tankstelle umsatzsteuerpflichtig. Für die ordnungsgemäße Anbindung des Grundstücks an den öffentlichen Straßenverkehr war es erforderlich, die bestehende Straßenkreuzung in einen Kreisverkehr umzuwandeln.

Der Kläger hatte sich in einem mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vertrag verpflichtet, den Kreisverkehr zu errichten und die hierfür anfallenden Kosten zu tragen. Im Gegenzug erhielt er die Baugenehmigungen für das Restaurantgebäude und die Tankstelle.


Der Kläger errichtete Restaurantgebäude, Tankstelle und Kreisverkehr und machte den Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG 1999 geltend. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger zwar zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, jedoch eine unentgeltliche Zuwendung nach § 3 Abs.1b S.1 Nr. 3 UStG zu versteuern habe, da er "Erschließungsanlagen" auf einem nicht in seinem Eigentum stehenden Grundstück hergestellt und anschließend unentgeltlich übertragen habe. Die Bemessungsgrundlage richte sich nach den hierfür entstandenen Selbstkosten.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Es liegt eine unentgeltliche Zuwendung gemäß § 3 Abs.1b S.1 Nr.3 UStG vor, die der Kläger zu versteuern hat.


Gemäß § 3 Abs.1b S.1 Nr.1 UStG liegt auch dann eine Entnahme vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnimmt und somit keinem Abnehmer - wie von § 3 Abs.1 UStG vorausgesetzt - Verfügungsmacht verschafft wird. Zum anderen setzen § 3 Abs.1b S.1 Nr.2 und 3 UStG eine "Zuwendung" voraus, die sich nicht bereits daraus ergibt, dass eine Lieferung unentgeltlich erbracht wird. Eine Zuwendung nach diesen Vorschriften erfordert dem allgemeinen Wortsinn entsprechend vielmehr, dass der Zuwendende dem Empfänger der Zuwendung zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft.


Insofern steht eine Entnahme als unentgeltliche Zuwendung einer Entnahme für unternehmensfremde Zwecke gleich. Denn nach dem Urteil des EuGH vom 27.04.1999 (Az.: C-48/97) können selbst Entnahmen, die für Zwecke des Unternehmens erfolgen, als unentgeltliche Zuwendung steuerbar sein.


Die von § 3 Abs.1b S.1 Nr.3 UStG vorausgesetzte zielgerichtete Übertragung eines Gegenstandes mit Begünstigungscharakter ergibt sich daraus, dass der Bundesrepublik Deutschland rechtliches Eigentum an dem Kreisverkehr ohne Gegenleistung verschafft wurde. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, nach denen der Kläger zumindest wirtschaftlich das Eigentum oder auch nur Nutzungsrechte an dem Kreisverkehr behalten hätte und die deshalb der Annahme einer derartigen Zuwendung entgegenstehen würden.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.07.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-07-30)