Steuerrechtsurteile

Beim Haftungsfall gemäß § 69 AO scheidet ein verlängerter Verjährungszeitraum gemäß § 191 Abs.3 S.2 AO grundsätzlich aus



Die Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheids ist gemäß § 191 Abs.3 S.2, 2.Hs. AO bei leichtfertiger Steuerverkürzung nur in den Fällen auf fünf Jahre verlängert, in denen die Haftungsinanspruchnahme auf § 70 AO beruht. Beim Haftungsfall gemäß § 69 AO scheidet eine Fristverlängerung jedoch aus, auch wenn die Steuer tatsächlich hinterzogen oder leichtfertig verkürzt wurde.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war gemeinsam mit dem Gesellschafter W. Geschäftsführer einer GmbH. Die im September 1997 eingereichte Umsatzsteuererklärung der GmbH wies eine gegenüber der zuvor vom Finanzamt beschiedenen Schätzung erheblich höhere Umsatzsteuerbemessungsgrundlage aus. Die darauf zurückzuführende Nachzahlung konnte die GmbH wegen erheblicher Forderungsausfälle und daraus folgender Zahlungsschwierigkeiten nicht mehr leisten. Wegen dieser Steuerrückstände nahm das Finanzamt den Kläger mit Bescheid vom Dezember 2001 gemäß § 69 in Verbindung mit § 34 AO in Haftung.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Die vierjährige Festsetzungsfrist bei Erlass des Haftungsbescheids im Dezember 2001 für die in die Haftung einbezogenen Steuern war bereits abgelaufen. Die Voraussetzungen des verlängerten Verjährungszeitraums gemäß § 191 Abs.3 S.2, 2.Hs. AO liegen nicht vor.


Die Verlängerung auf zehn Jahre scheitert schon am insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung, da das Finanzamt den Kläger nicht wegen Steuerhinterziehung nach § 71 AO in Haftung genommen hat, sondern den Haftungsbescheid auf die §§ 69, 34 AO stützte. Schon die Fassung des § 191 Abs.3 S.2, 2.Hs. AO spricht dagegen, dass sich bei leichtfertiger Steuerverkürzung die Festsetzungsfrist auf fünf Jahre unabhängig davon verlängert, ob die Haftungsinanspruchnahme auf § 70 AO beruht.


Die gewählte sprachliche Fassung greift außerdem offensichtlich die Formulierung des § 70 AO auf, wonach sowohl die Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO als auch die leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO durch den Vertreter die Haftung des Vertretenen begründet. Das macht deutlich, dass die verlängerte Festsetzungsfrist nur in dem Fall der Haftung des Vertretenen bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung des Vertreters normiert ist, nicht aber für jeden Fall der Haftung, dem eine leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt, also auch nicht im Streitfall bei der Haftung gemäß § 69 AO.


Auch wenn es nicht unmittelbar einleuchtet, dass die eigentlichen Täter, nämlich die Vertreter, bei leichtfertiger Steuerverkürzung nach den Vorschriften der §§ 69, 34 AO nur vier Jahre, die Vertretenen gemäß § 70 AO bei leichtfertiger Steuerverkürzung ihrer Vertreter aber fünf Jahre lang in Haftung genommen werden können, hat der Gesetzgeber jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass mit § 191 Abs.3 S.2 AO die Länge der Festsetzungsfrist eigenständig geregelt werden sollte.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.07.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-07-29)