Steuerrechtsurteile

Für die Erkennbarkeit eines Irrtums der Zollbehörde ist der Zeitpunkt der Mitteilung des ursprünglichen Abgabenbetrags maßgeblich



Werden Einfuhrabgaben irrtümlich mit einem zu geringen Betrag buchmäßig erfasst, ist hinsichtlich der bei der nachträglichen buchmäßigen Erfassung zu prüfenden Frage, ob der Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise erkannt werden konnte, nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Mitteilung des ursprünglichen Abgabenbetrags.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte am 18.08.1995 eine Sendung entbeinter, gefrorener Hähnchenbrüste mit Ursprung in China unter Vorlage eines Ursprungszeugnisses importiert und meldete sie zur Abfertigung zum freien Verkehr unter Anwendung des Präferenzzollsatzes an. Die Zollstelle nahm die Anmeldung an und meldete die Sendung der Zentralstelle Zollkontingente. Dabei erkannte sie nicht, dass wegen eines Fehlers im Deutschen Gebrauchszolltarif die Anwendung des Präferenzzollsatzes die Vorlage einer Einfuhrlizenz voraussetzte, welche von der Klägerin jedoch nicht vorgelegt worden war.

Dieser Fehler wurde noch am selben Tag entdeckt und korrigiert. Die für die Zollabfertigungen der Klägerin zuständige Mitarbeiterin wurde am 22.08.1995 per Telefax über die Notwendigkeit der Vorlage einer Einfuhrlizenz unterrichtet. Am 24.08.1995 erhielt sie einen Abgabenbescheid, der ihr wiederum eine Zollbefreiung gewährte. Nachdem festgestellt worden war, dass die Warensendung mangels Einfuhrlizenz nicht in dem Maße vom Zoll hätte befreit werden dürfen, erhob das Hauptzollamt die dem Zolltarif entsprechenden Einfuhrabgaben nach.


Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.


Die Gründe:
Der angefochtene Steueränderungsbescheid ist rechtmäßig. 


Art. 220 Abs.2b Zollkodex (ZK) steht der Nacherhebung des gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrags nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat.


Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar ist davon auszugehen, dass die Abgabenerhebung unter Zugrundelegung des Präferenzzollsatzes auf einem Irrtum der zuständigen Zollstelle beruhte. Dieser Irrtum war jedoch für die Klägerin erkennbar, weil bei Erhalt des Abgabenbescheids vom 24.08.1995 die für die Zollabfertigungen der Klägerin zuständige Mitarbeiterin bereits durch das Telefax vom 22.08.1995 über das Erfordernis der Vorlage einer Einfuhrlizenz für die Inanspruchnahme des Präferenzzollsatzes unterrichtet war.


Aus den im Regelfall gemeinsam zu prüfenden Merkmalen des "gutgläubigen Handelns" und der "Nichterkennbarkeit des Irrtums" kann nicht geschlossen werden, dass für die Frage, ob der behördliche Irrtum erkennbar war, maßgeblich auf den Zeitpunkt des letzten aktiven "Handelns" des Zollbeteiligten und damit in der Regel auf den Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung abzustellen ist.


Es kann auch nicht aus Art. 218 Abs.1 ZK hergeleitet werden, dass Umstände, die erst später als zwei Tage nach Annahme der Zollanmeldung eintreten, für die Frage der Erkennbarkeit des Irrtums ohne Bedeutung sind. Art. 220 ZK setzt allein voraus, dass der geschuldete Abgabenbetrag buchmäßig nicht erfasst worden ist. Auf die in Art. 218 ZK vorgeschriebene Frist für die buchmäßige Erfassung kommt es nicht an. Der Umstand, dass sich die Zollverwaltung hinsichtlich des Erfordernisses einer Einfuhrlizenz schon seit geraumer Zeit in einem "Dauerirrtum" befunden habe, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung.


Linkhinweis:



  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.

  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.07.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-07-14)