Steuerrechtsurteile

Internet- und SMS-Dienstleistungen aus der Schweiz können in Deutschland umsatzsteuerpflichtig sein



Ein Unternehmen, das auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen anbietet, führt diese in der Regel im Inland aus, soweit die Entgelte auf seine inländischen Konten eingehen. Diese Leistungen unterliegen deshalb gemäß § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 UStG der Umsatzsteuer. Die Tatsache, dass sich im Inland weder Sitz noch Betriebsstätte des Unternehmens befinden (hier: Schweiz), steht dem nicht entgegen (§ 1 Abs.2 S.3 UStG).

Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist eine in der Schweiz ansässige AG und bietet im Internet unterschiedliche Leistungen an. Der Nutzer erhält zum einen unter Auswertung der von ihm eingegebenen Daten eine statistische Prognose seiner Lebenserwartung oder einen "Sex-Check". Zum anderen bietet die Beschwerdeführerin ihren Kunden einen besonderen Tarif für die Versendung von SMS-Nachrichten an.

Da die Beschwerdeführerin im Inland keine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben hatte, schaltete sich die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts ein. Diese ermittelte auf mehreren inländischen Konten der Beschwerdeführerin eingegangene Kundenzahlungen für den streitigen Voranmeldungszeitraum. Das Finanzgericht setzte daraufhin die Umsatzsteuer fest.


Den Antrag der Beschwerdeführerin, die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids auszusetzen, lehnten das Finanzamt und das FG ab. Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, dass es an einer die Besteuerung tragenden Rechtsgrundlage fehle. Es lägen weder auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen noch sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation vor.


Die Beschwerde blieb vor dem FG und BFH erfolglos.


Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung sind nicht erfüllt.


Es bestehen keine ernsthaften Zweifel, dass die Beschwerdeführerin die von ihr im Internet angebotenen Leistungen im Inland ausführte, soweit die Entgelte auf ihre inländischen Konten eingingen, und diese Leistungen deshalb nach § 1 Abs.1 S.1 Nr.1 UStG der Umsatzsteuer unterlagen. Die Tatsache, dass sich im Inland weder Sitz noch Betriebsstätte befinden, steht dem nicht entgegen (§ 1 Abs.2 S.3 UStG).


So lagen im vorliegenden Fall hinsichtlich der statistischen Prognosen der Lebenserwartung der Kunden wie auch beim "Sex-Check" gemäß § 3a Abs.4 Nr.14 UStG auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen vor. Der Art. 11 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 definiert diesen Begriff im Sinn von Art. 9 Abs.2e letzter Gedankenstrich sowie von Anhang L der Richtlinie 77/388/EWG als Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre.


Soweit die Kundenzahlungen auf inländischen Konten der Beschwerdeführerin eingegangen sind, ist nach der Lebenserfahrung mangels gegenteiliger Angaben anzunehmen, dass die Zahlungen von inländischen Leistungsempfängern stammten und somit die Voraussetzungen für einen Leistungsort im Inland ebenfalls erfüllen.


Zudem waren die SMS-Dienstleistungen der Beschwerdeführerin zu besteuern. Soweit man diese Leistungen nicht schon § 3a Abs.4 Nr.14 UStG zuordnet, stellen sie sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation im Sinn des § 3a Abs.4 Nr.12 UStG dar. Und auch hier befand sich der Leistungsort im Inland.


Soweit die Leistungsempfänger Unternehmer waren, ist § 3a Abs.3 UStG anwendbar. Für Leistungsempfänger, die keine Unternehmen waren, ist – da die Beschwerdeführerin von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort agiert - vielmehr § 1 Abs.1 S.1 Nr.2 UStDV maßgebend. Danach sind die Telekommunikationsleistungen abweichend von § 3a Abs.1 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet werden.


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.07.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-07-08)