Steuerrechtsurteile

Doppelte Belastung von Baukosten mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer ist mit EU-Recht vereinbar



Liegt ein "einheitliches Vertragswerk" aus Grundstückskauf- und Bebauungsvertrag vor, so sind die Baukosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Baukosten werden damit zwar sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Grunderwerbsteuer belastet. Hierin liegt entgegen der Rechtsauffassung des Niedersächsischen FG aber kein Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot.

Der Sachverhalt:
Die Kläger erwarben von der Stadt S. ein Baugrundstück. Zwei Wochen nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags beauftragten sie die von der Stadt beherrschte Baugesellschaft B. mit der Errichtung eines Reihenhauses.

Die Stadt hatte B. bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags eine Baugenehmigung für das Reihenhaus erteilt. In einem Prospekt hatte B. zuvor mit der Errichtung von 18 Reihenhäusern geworben und darauf hingewiesen, dass die Gebäude zu bestimmten Festpreisen veräußert würden und die Grundstücke von der Stadt S. zu einem bestimmten Kaufpreis erworben werden könnten.


Das Finanzamt ging von einem „einheitlichen Vertragswerk“ im Sinn der einschlägigen BFH-Rechtsprechung aus und berechnete die Grunderwerbsteuer daher nicht nur nach dem Grundstückskaufpreis, sondern bezog auch die Gebäude-Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage ein. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg. Dieses ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zu.


Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht auch die Herstellungskosten für das Reihenhaus in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen.


Liegt ein so genanntes "einheitliches Vertragswerk" vor, wonach der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhalten soll, so bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang nach der BFH-Rechtsprechung auf diesen einheitlichen Leistungsgegenstand. Ein solches „einheitliches Vertragswerk“ liegt im Streitfall vor. Zwar hat die Stadt die Kläger nicht ausdrücklich verpflichtet, das Grundstück von der von ihr beherrschten Baugesellschaft bebauen zu lassen. Sie hat den Klägern aber faktisch ein bebautes Grundstück angeboten und die Kläger haben dieses einheitliche Angebot angenommen.


Das Verfahren ist auch nicht auszusetzen. Das Niedersächsische FG hat dem EuGH zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die doppelte Belastung von Baukosten mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer in Fällen eines "einheitlichen Vertragswerks" mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Entgegen der Auffassung des Niedersächsischen FG ist die Vereinbarkeit dieser Rechtspraxis mit dem Gemeinschaftsrecht aber nicht zweifelhaft. Hierin liegt kein Verstoß gegen das Mehrwertsteuer-Mehrfachbelastungsverbot aus Art. 401 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.


Das gemeinschaftsrechtliche Mehrfachbelastungsverbot untersagt lediglich die Erhebung einer Steuer, die mit der Mehrwert- beziehungsweise Umsatzsteuer im Wesentlichen identisch ist. Dies ist jedoch bei der Grunderwerbsteuer nicht der Fall. Diese erfüllt nicht die Merkmale der Mehrwertsteuer und stellt daher keine „Sonderumsatzsteuer“ dar. So hat die Grunderwerbsteuer etwa keinen allgemeinen Charakter, sondern knüpft nur an die entgeltliche Übereignung von unbeweglichen Sachen an. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine „Allphasen-Netto-Steuer“ mit entsprechendem Vorsteuerabzug.


Linkhinweise:



  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

  • Den auf den Webseiten des Niedersächsischen FG veröffentlichten Volltext des Vorentscheidungsgesuchs des Niedersächsischen FG finden Sie hier.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.07.2008, Quelle: FG Münster PM Nr.11 vom 01.07.2008


(Meldung vom 2008-07-03)