Steuerrechtsurteile

Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer längerfristigen Fortbildung sind regelmäßig in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar



Nimmt ein Arbeitnehmer neben seiner Vollzeittätigkeit an einer befristeten Fortbildungsmaßnahme teil, so sind die Kosten für Fahrten zur Bildungsstätte regelmäßig nicht nur in Höhe der Pendlerpauschale, sondern in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar. Selbst bei einer längerfristigen (hier: auf vier Jahre angelegten) Fortbildung wird die Bildungsstätte nicht zur weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers.

Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2003 Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung als technischer Angestellter. Seit 2000 nahm er nebenberuflich an einer auf vier Jahre angelegten Fortbildung zum Werkzeugkonstrukteur teil. Hierzu suchte er dienstags und freitags nach Feierabend sowie samstags eine Bildungsstätte in X. auf. Die in diesem Zusammenhang angefallenen Fahrtkosten machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr in tatsächlicher Höhe von 2.480 Euro als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt sah die Bildungsstätte als weitere regelmäßige Arbeitsstätte im Sinn von § 9 Abs.1 S.3 Nr.4 EStG an und berücksichtigte deshalb nur die Entfernungspauschale in Höhe von 1.612 Euro. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.


Die Gründe:
Die Aufwendungen des Klägers für seine Fahrten zur Bildungsstätte sind gemäß § 9 Abs.1 S.1 EStG in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar.


Die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sind gemäß § 9 Abs.1 S.3 Nr.4 EStG a.F. (jetzt: § 9 Abs.2 EStG) zwar nur in Höhe der Pendlerpauschale abziehbar. Diese Einschränkung des objektiven Nettoprinzips ist aber nur im Hinblick auf eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitstätte gerechtfertigt, da sich der Arbeitnehmer hier – etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften oder einen Umzug – auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Fahrtkosten hinwirken kann.


Liegt dagegen keine auf Dauer angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor, muss es gemäß § 9 Abs.1 S.1 EStG bei der Abziehbarkeit der Kosten in tatsächlich entstandener Höhe bleiben. Das gilt nicht nur für Auswärtstätigkeiten, sondern auch, wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer – wie hier – an einer zeitlich befristeten und damit nicht dauerhaften Fortbildungsmaßnahme teilnimmt.


Entgegen der Auffassung des Finanzamts wurde die Bildungseinrichtung in X. auch nicht mit Ablauf von drei Monaten zur (weiteren) regelmäßigen Arbeitsstätte des Klägers. Eine solche Dreimonatsfrist sieht das Gesetz nur für Verpflegungsmehraufwendungen vor.


Linkhinweis:



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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 11.06.2008; Quelle: BFH PM Nr.57 vom 11.06.2008


(Meldung vom 2008-06-11)