Steuerrechtsurteile

Vorlage an den EuGH: Verstößt die volle Besteuerung von beigemischten Biokraftstoffen gegen EU-Recht?



Das Hessische FG hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Wegfall der Steuerbefreiung für fossilem Kraftstoff beigemischte Biokraftstoffe zum 01.01.2007 mit dem EU-Recht vereinbar ist. Nach Auffassung des FG verstößt die Besteuerung gegen die Biokraftstoffrichtlinie, weil beigemischte Biokraftstoffe hierdurch ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren hätten und nicht mehr zur Erreichung der mit der Richtlinie verfolgten Umweltschutzziele beitragen könnten.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin vertrieb seit 2005 „Bio-Diesel“. Dieser bestand zu 50 bis 60 Prozent aus raffiniertem Rapsöl, zu drei Prozent aus einem Kraftstoff-Additiv sowie zu 37 bis 47 Prozent aus fossilem Dieselkraftstoff. Der Kraftstoff konnte sowohl in Diesel-Motoren älterer Bauart als auch in modernen Diesel-Motoren mit Direkteinspritzung verwendet werden, ohne dass Umrüstungen oder technische Veränderungen erforderlich waren.

Nachdem durch das Biokraftstoffquotengesetz die bisherige Steuerbefreiung für beigemischte Biokraftstoffe mit Wirkung zum 01.01.2007 entfallen war, stellte die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb zum 15.07.2007 vorläufig ein.

Die Klägerin beantragte im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung der Energiesteueranmeldung sowie des Energiesteuerbescheids und erhob gleichzeitig hiergegen Klage. Sie machte geltend, dass ihr junges Unternehmern durch den Abbau der Steuervergünstigung, der den Zielen der Biokraftstoffrichtlinie widerspreche, erheblich belastet werde und nicht mehr wettbewerbsfähig sei.


Nachdem das Hessische FG dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 02.10.2007 (Az.: 7 V 2274/07) stattgegeben hatte, setzte es nunmehr das Klageverfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob der Ausschluss der Steuerbegünstigung für beigemischte Biokraftstoffe gemäß § 50 Abs.1 Nr.1 Energiesteuergesetz mit der Biokraftstoffrichtlinie vereinbar ist.


Die Gründe:
Die Abschaffung der Steuervergünstigung für beigemischte Biokraftstoffe gemäß § 50 Abs.1 Nr.1 Energiesteuergesetz verstößt möglicherweise gegen die Biokraftstoffrichtlinie.


Die Biokraftstoffrichtlinie verfolgt das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor zu senken und so die im Kyoto-Protokoll übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Dies soll vor allem durch eine stärkere Verwendung von Biokraftstoffen erreicht werden. Hiermit ist der zum 01.10.2007 erfolgte Wegfall der Steuervergünstigung für beigemischte Biokraftstoffe nach Auffassung des Senats nicht vereinbar, da hierdurch die mit einfachen Mitteln technisch problemlos umsetzbaren Möglichkeiten zu einer sofortigen und deutlichen Reduzierung von Treibhausgasemissionen wirtschaftlich unmöglich gemacht wurde.


Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Bundesregierung den Abbau der Steuervergünstigung durch eine Erhöhung der Beimischquote ausgleichen wollte. Die Umweltschutzziele der Biokraftstoffrichtlinie können hierdurch nicht erreicht werden. Dies hat sich gerade jüngst darin gezeigt, dass die geplante Erhöhung der Beimischquote von Ethanol in Benzin zurückgenommen werden musste, weil mehr als drei Millionen Pkw die neue Kraftstoffmischung nicht hätten nutzen können.


Der Wegfall der Steuervergünstigung für beigemischte Biokraftstoffe gemäß § 50 Abs.1 Nr.1 Energiesteuergesetz verstößt nach Auffassung des Senats zudem gegen die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Wenn ein nationaler Gesetzgeber – wie hier – in Umsetzung einer Richtlinie ein auf mehrere Jahre angelegtes Fördersystem in Form von steuerlichen Vergünstigungen geschaffen hat, darf er dieses während des festgeschriebenen Zeitraums nicht ohne weitere zu Lasten der bisher begünstigten Unternehmen ändern.


Der Hintergrund:
Das BVerfG hat bereits am 25.07.2007 (Az.: 1 BvR 1031/07) entschieden, dass die Besteuerung von Biokraftstoffen verfassungsgemäß ist. Die zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde richtete sich allerdings nicht gegen die die für das hier vorliegende Verfahren einschlägige Regelung in § 50 Abs.1 Nr.1 Energiesteuergesetz, sondern betraf die in § 50 Abs.1 S.4,5 und Abs.3 S.2,3 Energiesteuergesetz enthaltenen Regelungen. Konkret ging es darum, ob der Wegfall der Steuervergünstigung für Biokraftstoffe, die nur nach technischer Anpassung der Motoren verwendet werden können, verfassungsgemäß ist.


Linkhinweise:





Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 19.05.2008; Quelle: Hessisches FG PM vom 16.05.2008


(Meldung vom 2008-05-19)