Steuerrechtsurteile

Das Nichtgeltendmachen eines Aufwendungsersatzanspruchs durch einen Gesellschafter kann nachträgliche Anschaffungskosten begründen



Ein Gesellschafter, der eine Finanzierungshilfe gegenüber einem Dritten im alleinigen Interesse der GmbH leistet und seine daraus entstehenden Ansprüche ihr gegenüber nicht geltend macht, kann den Betrag im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer als Verlust nach § 17 Abs.2 EStG aus der GmbH-Beteiligung anmelden. Die Zahlungen sind als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts im Sinn des § 17 Abs.1, 2 und 4 EStG zu berücksichtigen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war zu 50 Prozent an einer Wohnbau GmbH beteiligt. Als diese 1993 in die Krise geriet, verkaufte sie zwei schwer absetzbare Wohnungen an K. Zur Finanzierung dieses Geschäfts verbürgte sich der Kläger zu einem Teilbetrag von 129.000 DM zugunsten des K. gegenüber dessen Bank. Als K. seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam, nahm die Bank den Kläger in Anspruch. Nachdem K. in die Insolvenz verfallen war, machte der Kläger seine Forderung aus der Bürgschaft geltend, die vom Insolvenzgericht in voller Höhe festgestellt wurde.

Mit Auflösung der GmbH im Jahr 1998 kam es nicht zur Auskehrung von Vermögen an die Gesellschafter. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr machte der Kläger einen Verlust nach § 17 Abs.2 EStG aus der GmbH-Beteiligung geltend und bezog darin seine Aufwendungen aus der "Bürgschaftsinanspruchnahme" ein.

Das Finanzamt erkannte lediglich den Verlust des Stammkapitals an. Nachträgliche Anschaffungskosten in Gestalt verdeckter Einlagen kämen nicht in Betracht, da die Bürgschaft gegenüber einem fremden Dritten übernommen worden sei. Ein abgekürzter Vertragsweg könne nicht angenommen werden. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.


Die Gründe:
Die Zahlungen des Klägers im Zusammenhang mit der Bürgschaftsinanspruchnahme sind als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts im Sinn des § 17 Abs.1, 2 und 4 EStG zu berücksichtigen.


Ein Auflösungsverlust in Sicht von § 17 Abs.2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Aufwendungen sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen. Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs.1 S.1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben, wozu nach Satz 2 auch die nachträglichen Anschaffungskosten gehören. Nach diesen Grundsätzen führen die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit seiner Inanspruchnahme als Bürge zu nachträglichen Anschaffungskosten.


Zwar kam die Finanzierungshilfe zunächst nur K. zugute, doch hatte der Kläger im alleinigen Interesse der GmbH gehandelt, um den Verkauf von nur schwer absetzbaren Wohnungen während einer Krise der GmbH zu fördern. Daraus ergibt sich eine dem eigenkapitalersetzenden Darlehen nach § 32a Abs.1 GmbHG ähnliche Kreditierung, die gemäß § 32a Abs.3 S.1 GmbHG wie eine verdeckte Einlage zu behandeln ist.


Der Kläger erlangte mit der Bürgschaftsübernahme im Interesse der GmbH einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gemäß § 683 BGB. Dieser Anspruch war zunächst nach § 257 BGB auf Freistellung gerichtet und konkretisierte sich mit der Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft. Dadurch, dass er seine Forderung nicht geltend machte, führte es zu einer verdeckten Einlage und im Rahmen des § 17 EStG zu mit dem Nennwert zu bewertenden nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung.


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Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 13.05.2008, Quelle: BFH online


(Meldung vom 2008-05-13)